Spiegel-Online 15. Mai 2007
By Markus Deggerich, Markus Dettmer, Holger Stark and Andreas Ulrich
Chancellor Angela Merkel wants nothing to disturb the seaside harmony at the G-8 summit in northern Germany next month. But nationwide raids last week have upset leftist protesters of every stripe — and set the stage for an unwanted showdown on the Baltic Sea.
German Chancellor Angela Merkel talks about Heiligendamm in warm, affectionate terms. The coastline is “wonderful,” and so is the locals’ hospitality. Merkel picked the idyllic Baltic Sea resort as a setting for this year’s Group of Eight (G-8) summit of the world’s leading industrialized nations from June 6-8 because it was the perfect place to convey an image of harmony to the “wider public around the globe.”
But pictures broadcast in Germany last week weren’t so pleasant. On Wednesday, around 900 police officers — many of them masked members of special operations units — stormed 40 apartments and offices belonging to leftists across the country. They looked for anti-globalization militants in book stores, video production studios and other left-wing centers in Hamburg, Berlin, and elsewhere. Even a theater office was raided. The main internet server of one anti-G-8 movement was also shut down.
taz 15. Mai 2007
Die Hausdurchsuchungen gegen mutmaßlich militante G8-Gegner entpuppen sich immer mehr als Pannenserie. Ein Beschuldigter wurde vorab informiert, bei einem anderen die Hausnummer falsch notiert. Nach ihm wird weiter gefahndet
AUS BERLIN FELIX LEE UND CHRISTOPH VILLINGER
Bei den Hausdurchsuchungen gegen mutmaßliche G8-Gegner sind den Ermittlern des Bundeskriminalamts (BKA) gehörige Patzer unterlaufen. Einer der insgesamt 21 Beschuldigten, gegen den die Bundesanwaltschaft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt, ist versehentlich durch ein Schreiben des Einwohnermeldeamts vorab informiert worden. Nun hat es nach taz-Informationen weitere Pannen gegeben. Ein weiterer Beschuldigter wurde am Tag der Razzia gar nicht erst aufgesucht. Der Grund: die Ermittler hatten sich in der Hausnummer geirrt.
Notiert hatten sich die Beamten die Oranienstraße 1 in Berlin-Kreuzberg. Doch jeder Kreuzberger weiß, dass dort niemand wohnt. Auf der ehemaligen Brache befindet sich ein Biergarten. Verzweifelt hätten die Beamten die Straße abgeklappert und Passanten befragt, erzählt der Gesuchte. Doch erfolglos. Nun wird stadtweit nach ihm gefahndet. Ob er sich freiwillig stellen werde? “Wenn sie was von mir wollen, sollen sie mich offiziell anschreiben.” Dazu müssten sie aber so geschickt sein und die korrekte Adresse herausfinden. Ihm sei zumindest nicht bekannt, dass er beim Einwohnermeldeamt falsch registriert ist. Er hofft zugleich, dass sich die Suche nicht zu lange hinzieht. “Ist ja nervig, ständig auf sie warten zu müssen.”
e110 12. Mai 2007
Berlin (ddp-bln). Im Berliner Stadtteil Friedrichshain ist erneut ein Auto angezündet worden. Unbekannte Täter setzten in der Nacht auf Gestern einen Sportwagen in der Kinzigstraße in Brand, wie die Polizei mitteilte. Durch die Hitze wurde auch ein in der Nähe geparktes Auto beschädigt. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. In den vergangenen Wochen war es in Friedrichshain im Zuge der Mobilisierung gegen den G8-Gipfel vermehrt zu politisch motivierten Brandstiftungen gekommen. Die Täter stammen vermutlich aus der linksautonomen Szene.
12.05.2007 SR
Welt 13. Mai 2007
Gut drei Wochen vor Beginn des G-8-Gipfels wächst die Sorge, das Treffen könnte von gewalttätigen Ausschreitungen und Terror überschattet werden. Unter anderem gibt es Probleme mit den geplanten Gewaltverzichts-Absprachen zwischen Staat und Protestgruppen. Die Polizei sieht sich an der Grenze der Belastbarkeit.
Insbesondere befürchten Politiker, dass die Vorkehrungen zum Schutz der Gipfelteilnehmer von Aktionisten torpediert werden könnten. Der mecklenburgische Innenminister Lorenz Caffier (CDU) machte in der „Welt am Sonntag“ darauf aufmerksam, dass die von der Landesregierung angebotenen Anti-Gewalt-Absprachen zum Teil ignoriert würden. „Die Sicherheitspartnerschaft funktioniert noch nicht reibungslos bei den bislang insgesamt 60 Anmeldungen für Veranstaltungen“, sagte der CDU-Politiker. Er rief die friedlichen Demonstranten auf, sich eindeutig von Gewalt und militanten Gruppen zu distanzieren.
Der Protestorganisator der globalisierungskritischen Bewegung, Werner Rätz, schlossgewaltsame Aktionen nicht aus. Rätz sagte laut dem „Tagesspiegel“, es sei nicht ausgeschlossen, dass Aktivisten über den Sicherheitszaun hinweg Angriffe auf die Rote Zone des Gipfels planten: „Letztlich kann man bei Zigtausenden von Menschen, die anreisen, nicht für jeden die Hand ins Feuer legen.“ In der Friedensbewegung habe es immer Menschen gegeben, die solche Zäune überwunden und in Kauf genommen hätten, wegen Sachbeschädigung belangt zu werden. „Würde das in solch einer Weise getan, fände ich das in Ordnung“, sagte Rätz laut dem Blatt.
ak 517 13. Mai 2007
Eine Replik der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO)
Im März 2007 haben über 40 Nichtregierungsorganisationen ein “Positionspapier” zum G8-Gipfel in Heiligendamm verabschiedet, in dem sie in verschiedenen Bereichen wie der Klima- und Rohstoffpolitik, dem Welthandel oder der Entwicklungspolitik gegenüber Afrika und dem Schutz von Biodiversität und geistigen Eigentumsrechten Forderungen an die G8-Regierungen stellen. Sie kündigen damit einen Konsens auf, der bis dato in der Mobilisierung nach Heiligendamm von einem breiten Bündnis getragen wurde: Die G8 zu delegitimieren anstatt Forderungen - von A wie Afrika bis Z wie Zollpolitik - an sie zu stellen. Wir kritisieren an diesem Positionspapier sowohl die politische Perspektive als auch die inhaltliche Ausrichtung.
Der Grund für die Delegitimierung der G8 war und ist, dass es dieser “Institution” in zweifacher Hinsicht an Legitimation mangelt: Erstens gemessen an den für viele Menschen katastrophalen Ergebnissen ihrer Politik, zweitens gemessen am eklatanten Missverhältnis zwischen den Beteiligten und den Betroffenen der G8-Entscheidungen. Statt zu kritisieren, dass sich die G8-Regierungschefs anmaßen, die Probleme der Welt zu lösen, werden sie umgekehrt aufgefordert: Sie sollen es machen - statt Delegitimierung der G8 erfolgt nun die Legitimierung. Ausgeblendet bleibt die Auseinandersetzung um die G8 selbst, d.h. um ihre Struktur, Mitgliedschaft, Aufgaben und ihre Verantwortlichkeit.
Hamburg 1 11.Mai2007
Der Hamburger Verfassungsschutz sieht nach den Durchsuchungsaktionen bei G8-Gegnern vom Mittwoch keine neue Gefahrensituation. ”Es hat sich nichts an unserer Einschätzung geändert”, sagte am Freitag der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Heino Vahldieck. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft konzentrieren sich auch auf eine Serie von Brandanschlägen in Hamburg und Umgebung. ”Wir gehen davon aus, das Personenschäden nicht beabsichtigt, aber in Kauf genommen werden”, sagte Vahldieck.
Vahldieck warnte aber davor, die Taten zu verharmlosen. Bei Brandanschlägen etwa auf Autos sei niemals ausgeschlossen, das auch Menschen in Gefahr gerieten. ”Feuer ist gemeingefährlich”, sagte der Chef des Verfassungsschutzes. Die Bundesanwaltschaft untersucht bei ihren Ermittlungen unter anderem die Brandanschläge auf die Fahrzeuge von mehreren Industriemanagern sowie auf das Hamburger Auto von Staatssekretär Thomas Mirow (SPD). Rund 900 Polizisten hatten am Mittwoch 40 Wohnungen und Szenetreffs in mehreren Bundesländern durchsucht. Die Aktion stand unter Federführung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.
Hamburger Abendblatt 11. Mai 2007
Die große Razzia in der Roten Flora hat unter Politikern für Auseinandersetzungen gesorgt. Während SPD-Fraktionschef Michael Neumann die Maßnahme gegen die Globalisierungsgegner als “Konsequenz aus den Gewalttaten der letzten Monate” verteidigte, warnte die GAL vor einer “Kriminalisierung” der Gipfelgegner. Antje Möller kritisierte Zeitpunkt und Umfang der Aktion als “politisch und nicht polizeitaktisch begründet”. Karlheinz Warnholz (CDU) sagte hingegen: “Wir sollten froh sein, dass frühzeitig eingegriffen und Schlimmeres verhindert wurde.”
Die Bilanz der großen Demo gegen die Razzia in der Roten Flora: vier leicht Verletzte, neun Festnahmen, 15 kleine Feuer und zahllose Scherben auf den Straßen des Schanzenviertels. Bei der Aktion hatten Polizei und Bundesanwaltschaft gestern Morgen Beweise dafür gesucht, dass Besucher des Kulturzentrums eine “terroristische Vereinigung zur Verhinderung des geplanten G-8-Gipfels” planen wollten. Parallel waren mehrere Wohnungen und das Büro eines Schauspielhaus-Mitarbeiters durchsucht worden. Mehr als 2000 Demonstranten hatten sich von 20 Uhr an zunächst an einer friedlichen Protestkundgebung beteiligt. Nach Ende des Umzugs randalierten mehrere Hundert Menschen vor der Roten Flora, warfen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper. Eine Passantin erlitt eine Kopfplatzwunde, drei Beamte wurden leicht verletzt, mussten aber zum Glück nicht ins Krankenhaus. Bis etwa 3 Uhr hatten die Protestierer immer wieder Gegenstände auf die Straße geräumt. Die Polizei antwortete unter anderem mit Wasserwerfern (wir berichteten).
Ja nun sind wir tatsächlich im Endspurt der Gipfelprotestmobilisierung.
Nachdem schon das letzte Treffen von emsiger Arbeit in den AGs zur Vorbereitung geprägt war, kommt jetzt das letzte Große Treffen vor dem Gipfel. Am 12. und 13. Mai treffen wir uns in Hannover im UJZ Korn (Kornstraße 28/30, 30167 Hannover), um das letzte Mal vor der Durchführung mit mehr oder weniger Ruhe unsere Aktion gemeinsam durchzusprechen.
Wir arbeiten im Moment in 5 AGs: VonOrtZuOrt (mit den Untergruppen:
- Mobilisierungsplan, Internet, Aktionstranings, Infoverstaltungen, UnterstützerInnen und Verschickung), Aktionsrat, Logistik für Heiligendamm, Presse und Finanzen.
Wir beginnen am Samstag um 12.00 Uhr mit einem Plenum. Danach gehen wir um 13.00 Uhr in die temporären Arbeitsgruppen zur Struktur von G8 vor Ort. Um 15.30 machen wir ein kurzes Plenum, um offenen Fragen zu sammeln oder zu klären und arbeiten dann in den kontinuierlichen AGs weiter. Ab 19.00 ist wieder Plenum.
Heute morgen wurden in Hamburg, ebenso wie in anderen Bundesländern insgesamt mindestens 60 politische Projekte, Privatwohnungen und Arbeitsstellen von der Polizei auf Anordnung der Bundesanwaltschaft durchsucht.
Begründet wurde dieses Vorgehen mit dem §129a StGB, also der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ in Zusammenhang mit den geplanten Protesten gegen den G8 Gipfel in Heiligendamm Anfang Juni diesen Jahres.
Wir sehen darin den Versuch der Staatsmacht, die auf breiter Basis organisierte Kampagne gegen die menschenverachtende Politik der G8 u.a. in der Energie-, Gentechnik- und Migrationspolitik zu kriminalisieren und zu diffamieren.
Das Convergence Center Hamburg, das Ende Mai / Anfang Juni in der Flora stattfindet, soll im Rahmen der Proteste einen Anlaufpunkt und eine Plattform für AktivistInnen aus der ganzen Welt bieten. Hier werden Vernetzungstreffen und Workshops stattfinden und es wird über die Hintergründe der Proteste und Aktionen in Hamburg und Heiligendamm informiert. Die Rote Flora versteht sich als unkommerzielles autonomes Stadtteilzentrum, in dem seit mehr als 15 Jahren vielfältige politische und kulturelle Projekte und Gruppen ihren Platz finden.
Ort: Heiligendamm am Zaun/Bad Doberan
Termin: 5. Juni 2007, 11:00 - 13:00 Uhr
Am 5. Juni 2007 jährt sich zum 40. Mal der Beginn des Krieges, in dessen Verlauf Israel die Westbank einschließlich Ost-Jerusalem sowie den Gaza-Streifen besetzte.
Aus diesem Anlass werden palästinensische, israelische und internationale Menschenrechts-aktivistInnen gemeinsam mit der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost (EJJP Deutschland) an dem Zaun, der Heiligendamm umschließt, eine Gedenkveranstaltung durchführen. In Heiligendamm werden am 7.und 8. Juni die Führer der acht mächtigsten Industrienationen zu einem Gipfel zusammenkommen, um ihre globale Politik von Krieg, Ausbeutung und Verarmung abzustimmen. Wir wollen an die Opfer der 40-jährigen Besatzung erinnern und ein Ende der bedingungslosen Unterstützung der kriegerischen Politik Israels durch die G8- Staaten fordern.
[Israelis gegen G8 c/o Jüdische Stimme - EJJP Deutschland]
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