Schulfrei zum G8-Gipfel?

Ostsee Zeitung 24. Februar 2007

Alle Schulen und Sporthallen sollten für G8-Gegner geöffnet werden. Das fordert Linke-Vize Steffen Bockhahn. Die Stadt sagt Nein.

Stadtmitte Über die Unterbringung der 50 000 Globalisierungs- kritiker, die Anfang Juni in Rostock erwarten werden, ist ein Streit zwischen Vize-Chef der Linke-PDS-Fraktion in der Bürgerschaft Steffen Bockhahn und Oberbürgermeister Roland Methling entbrannt. „Der Oberbürgermeister unterschätzt die Ausmaße“, kritisiert Bockhahn. Dieser kontert: „Wenn Herr Bockhahn meint, den G8-Gipfel drei Monate vor der Veranstaltung weiterhin zu seiner Profilierung nutzen zu müssen, dann frage ich mich, ob er sich seiner Verantwortung als Politiker und Mitglied der Bürgerschaft noch gerecht wird. Als
dieser soll er die Interessen der Menschen dieser Stadt vertreten.“ Der Konflikt dreht sich in erster Linie um die 70 Schulgebäude in der Stadt. Bockhahn, der selbst aktiv an der Planung der Gipfel-Proteste in Rostock beteiligt ist, fordert, dass die anreisenden Globalisierungskritiker in den Schulen und Sporthallen untergebracht werden.

Die von der Stadt vorgeschlagenen Flächen und Sportplätze im Nordosten der Stadt würden nicht ausreichen, so der Linkspolitiker. Den Schülerinnen und Schülern sollte im Zeitraum des Gipfels frei gegeben werden. „Es ist unser Interesse und es muss das Interesse der Stadt sein, dass auch die Protestveranstaltungen gut vorbereitet und koordiniert sind“, so Bockhahn. Das normale zivile Leben könne in der Stadt während des Gipfels sowieso nicht stattfinden. Bockhahn: „Es wird kaum eine Bahn, kaum ein Bus fahren.“

Für die Stadt ist schulfrei zum G8-Gipfel kein Thema. „Wir sollten nicht dazu beitragen, dass das öffentliche Leben während des Gipfels zum Erliegen kommt“, so Oberbürgermeister Roland Methling. Neben der Kostenfrage wäre so eine Entscheidung verantwortungslos gegenüber den Eltern. Methling: „Wie sollen Tausende Familien mit schulpflichtigen Kindern in unserer Stadt dann für die Betreuung ihrer Kinder sorgen?“

Eine Schule stellt die Stadt ab Montag den Globalisierungsgegnern als Art Organisationsgebäude zur Verfügung: die ehemalige Grundschule in Evershagen. Schüler und Lehrer sind ausgezogen, die Schule wird nicht mehr benötigt, sollte abgerissen werden. Seit ein paar Tagen wird das Gebäude von der Feuerwehr bewacht. „Es gab schon einen Einbruch, und wir wollen Vandalismusschäden durch die Beaufsichtigung des Gebäudes verhindern“ so Stadt-Pressesprecher Ulrich Kunze. Einig sind sich Methling und Bockhahn, dass sich Rostock während des Gipfels als weltoffene Stadt zeigen werde.
ANDREAS EBEL