G8-Treffen - der Gipfel der Überstunden

Kieler Nachrichten 15. Februar 2007
Kiel – Der G8-Gipfel vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm wirft auch für die schleswig-holsteinische Polizei Schatten voraus.

Nach derzeitigem Stand werden von etwa 7000 Beamten mehr als 1000 Einsatzkräfte für die Sicherheit der Staats- und Regierungschefs in Mecklenburg-Vorpommern sorgen.
“Es gibt eine Diskussion um die Sicherheit im Land und ungeklärte Fragen um den etwa zehn Tage dauernden Einsatz”, sagte Karl- Hermann Rehr, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Etwa 14000 Polizisten aus dem gesamten Bundesgebiet werden in dem Ostseebad eingesetzt. Lediglich Hamburg schickt zur eigenen Sicherheit keine Beamten, weil Globalisierungsgegner bereits viele Gegendemonstration in der Hansestadt angekündigt haben.

Derzeit wird der 13 Kilometer lange Zaun um das Gelände errichtet – die Kosten betragen allein dafür 12,5 Millionen Euro. Die ersten Kilometer sind bereits fertig und werden von Polizisten überwacht, damit Demonstranten keine Schwachstellen ausbaldowern können.
Das genaue Anforderungsprofil für die Landespolizei ist noch nicht genau spezifiziert.
Fest steht, dass “Hundertschaften, Spezialkräfte, Wasserwerfer und Boote der Wasserschutzpolizei rüberfahren werden”, sagte Jessica Wessel, Sprecherin des Landespolizeiamtes. Mit praktischen Übungen, die sich an den zu erwartenden Aufgaben orientieren, bereiten sich die Polizisten vor – taktische Ein- zelheiten gab die Sprecherin nicht bekannt.
Ab Mitte Mai werden erste Kräfte nach Heiligendamm gehen, um auch den Stab vor Ort zu unterstützen. “Bei dem Konzept für den G8-Einsatz wurde natürlich die Sicherheit in Schleswig-Holstein betrachtet. Es werden Kräfte im Land für den täglichen Dienst und Sondereinsätze bereitgehalten”, sagte Wessel. Für die Kosten des Polizeieinsatzes kommt Mecklenburg-Vorpommern auf.

Zum Hintergrund: Für den letzten Besuch von Georg Bush in Heiligendamm hat das Land für die Polizeiunterstützung 580000 Euro überwiesen bekommen.
Für die GdP mit 5500 Mitgliedern sind wichtige Punkte noch nicht geklärt: Absehbar ist, dass jeder eingesetzte Beamte in den Tagen bis zu 180 Stunden Mehrarbeit leisten wird. Für Personal und Material überweist das Nachbarbundesland die entstandenen Kosten an das Finanzministerium für den Landeshaushalt und nicht an das für die Polizei zuständige Innenministerium.
“Wir warnen davor, dass mehr Beamte als nötig als Söldnertruppe zum Geldverdienen in fremde Länger geschickt werden”, sagte Rehr. Bisher nicht geklärt sei zudem, wie die geleisteten Überstunden vergütet werden. Abbummeln ist bei dem bereits vorhandenen Berg und dem eng gesteckten Veranstaltungskalender kaum möglich: Direkt nach dem Gipfel finden die Holstenköste in Neumünster und die Kieler Woche statt. Außerdem hat die Hamburger Polizei für den 6. Juni zum Fußball-EM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen die Slowakei Unterstützung angefordert. Eine Urlaubssperre ist nicht auszuschließen. “Und das zu Zeiten, in denen den Beamten das Gehalt gekürzt wird”, so Rehr.
Zudem weist die GdP daraufhin, dass nur Beamten in Heiligendamm eingesetzt werden sollten, die sich freiwillig melden. Untergebracht werden sollen die Kräfte in ehemaligen Kasernen der NVA. “Die Gebäude werden jetzt von einem Arbeitsmediziner der Landespolizei auf hygienische Standards begutachtet”, sagte Rehr. Die Gewerkschaft fordert zudem, dass alle Polizisten mit der nichtbrennbaren Arbeitskleidung ausgerüstet werden. Und: Die Sicherheit im Land dürfe nicht vernachlässigt werden.

Nach Informationen unserer Zeitung soll allerdings der Betrieb der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung in Eutin ebenso stark eingeschränkt werden wie die Tätigkeiten an der Verwaltungsfachhochschule in Altenholz. Der komplette Bäderdienst soll abgezogen und die Schichtstärken in den Dienststellen größtenteils auf ein Minimum reduziert werden.
Von Günter Schellhase