Einladung zur Beteiligung am internationalen Aktionstag

von Via Campesina am 17. April 2007
im Rahmen der G8-Proteste gegen die herrschende globale Agrarpolitik

Liebe Leute, liebe Organisationen,
auch im Jahr 2007 ruft Via Campesina, ein weltweites Netzwerk kleinbäuerlicher Organisationen, am 17. April zu einem globalen Aktionstag auf. Wir, UnterstützerInnen des bundesweiten “Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft”, solidarisieren uns mit Via Campesina und planen für diesen Tag mehrere Veranstaltungen und Protestaktionen in verschiedenen deutschen Städten.Wir laden alle interessierten Einzelpersonen und/oder Organisationen ein, die an agrar-, entwicklungs-, umwelt-, und ernährungspolitischen Fragen interessiert sind, an diesem Tag ihre Kritik an der zerstörerischen Agrarpolitik der G8-Länder und ihre Solidarität mit den Kämpfen von Kleinbauern, Bäuerinnen, LandarbeiterInnen und Landlosen zum Ausdruck zu bringen. Beteiligt euch an dezentralen bundesweiten Aktionen und organisiert in eurer Stadt am 17. April eine Aktion oder Veranstaltung!

Unser Ziel ist es, Via Campesina und ihre Kämpfe um freien Zugang zu Land, Saatgut und Wasser in Deutschland bekannter zu machen und auf die Verdrängung von kleinbäuerlicher Landwirtschaft durch Großbauern und/oder Konzerne im Süden und im Norden hinzuweisen. Die Konzentration von Landbesitz in den Händen einiger weniger ist mit negativen politischen, sozialen und ökologischen Konsequenzen verbunden. Für die einen bedeutet sie mehr Macht, für die anderen mehr Abhängigkeit (mehr Infos über Via Campesina und zur “Landfrage” siehe weiter unten). Wo, was und wieviel am 17. April in Deutschland passiert, hängt von unserer Fantasie, unserem Engagement und eurer regen Beteiligung ab. Wir hoffen, dass der Tag von verschiedenen Gruppen möglichst bunt gestaltet und ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt wird. Denkbar sind z.B. öffentliche Filmvorführungen (Public Viewings) in der Fußgängerzone, Ausstellungen, Infoveranstaltungen, Vokü, Straßentheater, eine Kundgebung etc.. Bei Interesse könnt ihr bei uns zwei kurze Video-Clis bestellen, die sich für Public Viewings eignen - einen über Via Campesina und einen über Landkonflikte/-kämpfe. Zusätzlich stellen wir eine kleine Broschüre mit Informationen zu Via Camesina, dem Aktionstag und Landkonflikten zusammen, die ihr verteilen könnt. Und schließlich wollen wir über eine abgestimmte Pressearbeit und eine zentrale Webseite, auf der alle Aktivitäten zum 17.4 zu finden sind, die Masse und Vielfalt der Aktionen öffentlich machen, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erreichen. Wir vom Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft wollen viel Energie in die Materialien, Koordination und Pressearbeit stecken. Die Ausgestaltung der einzelnen lokalen Veranstaltungen und Aktionen liegt bei den jeweils verantwortlichen lokalen Gruppen.

Wer hat Interesse, Via Campesina am 17. April mit kreativen Aktionen zu unterstützen und bekannter zu machen?

Bei Interesse oder falls ihr noch Fragen habt, schreibt uns doch bitte an folgende mail-adresse:
aktionstag17_4 [at] yahoo.de

Mit freundlichen Grüßen
Pia und Anne für das Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft

PS: Widerstand ist fruchtbar!
Die geplanten Aktionen am 17. April sind Teil einer Reihe von Protesten, die wir als “Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft” um den G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 zu den verschiedenen Aspekten von globaler Landwirtschaft durchführen werden. (Für mehr Infos siehe den angehängten Flyer)

Hintergrund:

Via Campesina
Weltweit organisieren sich Kleinbauern und -bäuerinnen, LandarbeiterInnen und Landlose, um ihre Interessen gegen Großgrundbesitzer, Großkonzerne, Regierungen und internationale (Handels- und Finanz-)Institutionen zu verteidigen und durchzusetzen. Immer wieder leisten sie vielfältigen Widerstand in ihrem Alltag und bei einer Vielzahl von Widerstandsaktionen: Sie besetzen Land, kämpfen gegen die Privatisierung von Wasser, errichten Straßenblockaden, brennen Genfelder ab, gründen Kooperativen, bauen eigene Saatgutbanken auf, etc.. Eine treibende Kraft in diesem Prozess der bäuerlichen Selbstorganisation ist das globale Netzwerk Via Campesina. Seit 1993 koordinieren sich darin klein- und mittelständische bäuerliche Gewerkschaften, LandarbeiterInnen, Landfrauen und indigene Gemeinschaften aus verschiedenen Regionen der Welt. Zu den beteiligten bäuerlichen Gewerkschaften zählen beispielsweise die französische Conféderacion Paysanne, die polinische Peasant Solidarnosc oder die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland, die brasilianische Landlosenbewegung Moviemento Sin Tierra in Südamerika oder die Bharatiy Kisan Union in Indien.

Via Campesina hat sich zu einem internationalen Solidaritätsnetzwerk entwickelt, in dem Ideen, Wissen, Saatgut etc. ausgetauscht werden und in dem sich die Mitglieder in Zeiten der Not gegenseitig unterstützen. Ein zentrales Anliegen des Netzwerks ist es, den Zugang zu und die Kontrolle über die natürlichen Ressourcen Land, Wasser und Saatgut für ProduzentInnen zu bewahren und/oder (zurück) zu erobern. In diesem Kontext wurde von dem Netzwerk auch das Konzept von Ernährungssouveränität entwickelt. Bei Antiglobalisierungsprotesten z.B. gegen die Welthandelsorganisation WTO waren in den letzten Jahren vor allem Via Campesina Mitglieder aus Lateinamerika und Asien stark vertreten.

1996 initiierte Via Campesina den 17. April als (klein-) bäuerlichen globalen Aktionstag. An diesem Datum wurden in Brasilien kämpfende BäuerInnen bei einem Massaker getötet. Seither finden alljährlich an diesem Tag, an einer Vielzahl von Orten, weltweit Veranstaltungen und Aktionen statt. (Klein-) bäuerliche Gewerkschaften, Organisationen, soziale Bewegungen und andere UnterstützerInnen verknüpfen dabei ihren lokal verankerten Widerstand mit einem Protest gegen die globalen neoliberalen Strukturen und Entwicklungen im Agrarbereich.

Konflikte um Land
Neben Wasser und Saatgut, ist das Land, der Boden, das zentrale Produktionsmittel für Bauern und Bäuerinnen - und damit letztenendes die Basis für die weltweite Ernährung. Konflikte um Land hat es schon immer gegeben. Nachrichten berichten von Vertreibungen von Bauern und Bäuerinnen von ihrem Land in China, weil dort der größte Staudamm der Welt gebaut wurde. In Honduras vergreift sich ein Großgrundbesitzer am Land seiner indigenen “Nachbarn”, denen selbst kaum noch Land geblieben ist, und hat die örtliche Justiz voll auf seiner Seite. Die intensive Mais und Soya-Produktion in den Ländern des Südens, hauptsächlich für den Export als Tierfutter, verdrängt z.T. gewaltsam, z.T. mit den offiziellen Regeln des neoliberalen Agrarsystems die “unrentablen” Kleinbauern von ihrem Land. So mussten in Mato Grosso, dem größten sojaproduzierenden Bundesstaat Brasiliens, seit den 80ern fast 14.000 kleine Höfe den expandierenden Soja-Mega-Farmen weichen. Und um den Klimawandel aufzuhalten, sind viele Hektar Plantagen-Wald geplant.

Zudem wird überall auf der Welt Landzerstörung in großem Stil betrieben - durch Abholzungen, durch Minen, durch Gifte aller Art, durch Staudämme. Während die "Ressource fruchtbares Land" also knapper wird, nimmt die Konzentration von Boden- und Landbesitz in den Händen einiger weniger immer mehr zu. Das ist nicht nur in den ärmeren Agrarländern so, sondern auch im industrialisierten Norden. Ursachen hierfür liegen zum einen in der Industrialisierung der Landwirtschaft, aber auch in der globalen Agrarpolitik. Die EU z.B. finanziert in erster Linie eine Agrarpolitik, die die Vitalität des ländlichen Raumes schwächt und die kleineren und mittleren Höfe nach dem Motto "wachse oder weiche" zum Aufgeben zwingt.

Es geht um Produktivität und Wachstum, ökologische und soziale Aspekte werden ausgeklammert. In Deutschland hat es im Laufe des letzten Jahrhunderts mehrere Wellen des Höfesterbens gegeben. Diese Tendenz wird sich weiter fortsetzen und vor allem in den neuen EU-Länder im Osten, zu starker Umstrukturierung des ländlichen Raums führen.

Für mehr Infos:
- zu Via Campesina und dem Aktionstag, siehe: www.viacampesina.org
- zu dem Aktionsnetzwerk Globale Landwirtschaft siehe: www.g8-landwirtschaft.net