Ausflug zum G-8-Gipfel: Wohin mit den Demonstranten?

Frankfurter Neue Presse 03. Februar 2007
Von Joachim Mangler

Rostock. Unaufhaltsam rückt der G8-Gipfel näher. Vom 6. bis zum 8. Juni werden sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands in Heiligendamm an der Ostsee treffen. Neben Delegationen, Journalisten und Polizisten werden auch zehntausende Demonstranten in Mecklenburg-Vorpommern erwartet. Es ist Aufgabe der Stadt Rostock und der Kreise Güstrow und Bad Doberan, für Sicherheit zu sorgen.

So stellten Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) sowie Bad Doberans Landrat Thomas Leuchert (SPD) und sein Güstrower Kollege Lutz da Cunha am Donnerstag den Sitz des gemeinsamen Führungsstabes in Rostock vor. „Wir haben einen Vorbereitungsstand erreicht, mit dem wir unserer Verantwortung für die Menschen, die hier leben, gerecht werden“, hieß es von den Dreien. Doch gibt es viele Unsicherheitsfaktoren. Der entscheidende ist, wie viele Demonstranten überhaupt kommen werden. Denn noch ist völlig unklar, welchen Erfolg die europaweite Mobilisierung der Protestszene haben wird.

Während die Polizei bislang von rund 100 000 Demonstranten ausgeht, kursieren in der Szene schon Zahlen um 200 000. Die Mehrzahl von ihnen wird in Rostock erwartet – dort sind eine Demonstration und Konzerte unter anderem mit Herbert Grönemeyer geplant.

„Wir planen, zwei oder drei Plätze zur Verfügung zu stellen“, sagt OB Methling. Da Cunha verweist auf ein fast genehmigtes Camp bei Bützow für 15 000 Leute. Leuchert sagt, dass in seinem Amt noch keine entsprechenden Anträge eingereicht worden seien. Bleibt also die Frage, wohin mit den Leuten, die keinen Platz finden.

Die Verantwortung dafür liege bei den Demonstranten ganz allein, befinden die drei. Man könne auch nicht aufs Geratewohl in Urlaub fahren und hoffen, dass sich jemand um die Unterkunft kümmert. Schulen und Sporthallen als Schlafplätze für müde Demonstranten sind tabu, sagt Methling. Er betont, dass in der Woche vom Beginn der Proteste am 2. Juni bis Gipfelende der Schulunterricht weiterlaufen soll.

Die drei Herren appellierten an die Gipfelgegner, schnell eine genaue Demonstrantenzahl zu nennen. Ein Ansinnen, das bei der Sprecherin des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac, Frauke Distelrath, Kopfschütteln auslöste. „Eine seltsame Vorstellung, wir rufen doch keine Vereinsmitglieder zu einem Ausflug auf.“ Attac bemüht sich mit anderen Organisationen um einen Platz für etwa 10 000 Leute, möglichst nahe bei Rostock.

Unterdessen wurde bekannt, dass der Bau des rund 13 Kilometer langen Sicherheitszauns rund um Heiligendamm ins Stocken geraten könnte. Nach Informationen des Radiosenders Antenne Mecklenburg- Vorpommern hat ein Anwohner Vorbehalte dagegen, dass der Zaun auf seinem Grundstück gebaut wird. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) betont, der Anwohner mache nur von seinen demokratischen Rechten Gebrauch, zeigt sich aber sicher, dass der Zaun pünktlich fertig sein wird.