Die Segnungen des G-8-Gipfels

Welt 22. Januar 2007

Über die Kosten des Treffens der größten Industrienationen in Heiligendamm und die Vorkehrungen für die Sicherheit wird heftig gestritten. Über die wirtschaftlichen Folgen gibt es hingegen keinen Dissens: Die ganze Region wird davon profitieren.

Von Michael Schneider
Schweißarbeiten am zwölf Kilometer langen Zaun um Heiligendamm

Hamburg - Auf Hartmut Polzin wartet in den nächsten Monaten viel Arbeit. Schon im Februar muss der Bad Doberaner Bürgermeister acht Delegationen aus den weltgrößten Industrieländern mit jeweils rund 20 Teilnehmern vor Ort erläutern, wie weit die Vorbereitungen der Kommune an der Ostsee für den geplanten Weltwirtschaftsgipfel der G 8-Staaten gediehen sind. Das Treffen der Mächtigen findet vom 6. bis 8. Juni im zu Bad Doberan gehörenden Stadtteil Heiligendamm, Deutschlands ältestem und einst vornehmstem Seebad, statt.

Der Vorhut der Staatschefs wird Polzin gute Eindrücke vermitteln können - vom Tagungsort, dem "Kempinski Grand Hotel Heiligendamm", über die organisatorischen Vorbereitungen bis hin zu den in dieser Woche begonnenen Bau- arbeiten für den rund zwölf Kilometer langen und 2,5 Meter hohen Sicherheitszaun rund um Heiligendamm.
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Voller Stolz wird der Bürgermeister auch darauf hinweisen, in welch guter Verfassung sich Bad Doberan schon vor dem G8-Gipfel präsentiert. Denn die Stadt spürt die wirtschaftlichen Segnungen des Weltereignisses bereits direkt: Seit Herbst 2005 stehen der Stadt zusätzliche Einnahmen von rund fünf Millionen aus einem Förderprogramm des Schweriner Innenministeriums für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung. Mit dem Geld wurden Straßen und Bürgersteige auf Vordermann gebracht und ein zusätzlicher Parkplatz gebaut. In Heiligendamm wurde damit sogar laut Polzin die komplette Infrastruktur erneuert.

Hinzu kommen Investitionen des Landes für die umliegenden Verkehrswege und Autobahnzubringer. Polzin: "Wir haben dafür gesorgt, dass alle Aufträge an Firmen in der Region gehen."

Für Bad Doberan kann Polzin die Folgen des Gipfels schon heute verdeutlichen: "Das ist ein gewaltiger Schub, ohne das G 8-Treffen hätte es fünf bis zehn Jahre länger gedauert." Auch wenn die Auswirkungen für die mit einer Arbeitslosenquote von 16,7 Prozent wirtschaftlich schwache Region zwischen Schwerin und Rostock noch nicht zu beziffern sind, steht für ihn fest, dass der Landstrich an der Ostsee nachhaltige Impulse erhalten wird. Denn wenn die mehr als 100 000 erwarteten Teilnehmer, Journalisten, Gäste und Demonstranten anrücken, werde Heiligendamm für drei Tage zum Mittelpunkt der Welt.

Solange muss Frank Neumann, Chef der Bargeshagener Metall-Zaun-Stahlbau GmbH, nicht warten. Mit seinen 18 Beschäftigten und Subunternehmen zieht Neumann den umstrittenen Zaun hoch, stattet ihn mit Sicherheitstechnik wie Kameras aus und baut ihn nach dem Gipfel wieder ab.

Neumann: "Wir werden wahrscheinlich noch zwei zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Am wichtigsten aber ist, dass wir Vollbeschäftigung während der Wintermonate haben." Gleiches gilt für die 22 Beschäftigten der Firma Wilhelm Siemsen Betonwerk Schwaan. Sie hatte den Auftrag für die 4000 Fundamente des Zauns erhalten.

Auch der mehrheitlich dem Landkreis Bad Doberan gehörenden und im öffentlichen Nahverkehr fahrenden Nostalgie-Bahn Molli nutzt der G 8-Gipfel. Sie muss wegen des Zaunes den öffentlichen Betrieb während der drei Tage zwar einstellen, dient aber als Shuttle für Journalisten. Was das Bundespresseamt dafür zahlt, darüber schweigt sich Geschäftsführerin Angelika Münchow eisern aus.

Welchen wirtschaftlichen Nutzen die Region insgesamt aus dem Treffen der führenden Industrienationen ziehen wird, darüber gibt es zwar im Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern keine ernsthaften Schätzungen. Aber für Ministeriumssprecher Gerd Lange ist der Trend eindeutig: "Das wird durchweg positive Folgen haben. Vor allem im Einzelhandel, bei Transportbetrieben und im Tourismus dürften die Geschäfte gut laufen."