Heiligendamm: Ausgebucht wegen G8-Gipfel

Focus Online 22. Januar 2007

Nicht nur das Grand Hotel Kempinski, wo der Gipfel stattfindet, ist voll belegt. Gut vier Monate vor dem Ereignis ist es auch schwer, überhaupt für diese Zeit eine Bleibe rund um Heiligendamm zu finden.

„Ausgebucht“ heißt es schon jetzt in vielen Hotels und Pensionen rund um Heiligendamm an der Ostsee, wenn man nach einer Unterkunft für Anfang Juni fragt. „Die Hotels und Pensionen im Umkreis von rund 30 Kilometern sind nahezu ausgebucht“, sagt Evelyn Zecher vom Tourismuszentrum Mecklenburgische Ostseeküste. Lediglich bei Privatzimmern und Ferienwohnungen gebe es noch Kapazitäten.

Die Bundesregierung hat viele Unterkünfte für Delegationen und Journalisten geblockt. Wie viele genau, ist unbekannt, es ist jedoch von einem Kontingent von mehreren tausend Betten auszugehen. Im Fokus steht Kühlungsborn westlich von Heiligendamm, wo das Pressezentrum stehen wird. Die meisten der erwarteten gut 5000 Journalisten werden im engeren Umfeld des beschaulichen Ortes untergebracht, der nur wenige Kilometer von Heiligendamm entfernt ist. „Kühlungsborn ist dicht“, sagt Bernd Fischer vom Landestourismusverband.
G8-Gipfel treibt die Preise hoch

Auch die umliegenden Orte selbst bis nach Rostock melden einen „sehr guten Buchungsstand“. Dass die Marktwirtschaft mit dem Gesetz von Angebot und Nachfrage auch im Nordosten funktioniert, zeigt ein Blick auf die Preise. Steigerungen von mehr als 50, sogar 100 Prozent in guter Lage sind keine Seltenheit. „Die Vermieter sind gebeten worden, die Preise für ihre Räume nur moderat zu erhöhen“, heißt es vom Tourismusverband, dessen Ratschlag aber nur bedingt Folge geleistet wird. Insider vermuten, dass viele der angeblich voll belegten Häuser sehr wohl noch freie Kapazitäten haben. Je näher der Gipfel rückt, desto dringlicher werden die Anfragen und umso höher lassen sich die Preise treiben. Ein Spiel mit wenig Risiko.

Eine große Unbekannte in der Rechnung der Organisatoren sind die rund 100 000 zu erwartenden Gipfelgegner, die es wohl hauptsächlich nach Rostock ziehen wird. Dort sind die meisten Aktionen geplant wie Großdemonstration, Gegengipfel oder Konzerte. Die Demonstranten werden in den Camps in Zelten schlafen oder auch privat über Mitwohngelegenheiten unterkommen, sagt Oliver Moldenhauer vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. „Es wird für unsere Leute nicht so gemütlich wie für die G8-Chefs.“ Trotzdem forderte Attac die Stadt Rostock und die umliegenden Landkreise auf, für die Protestler die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Bessere Unterkünfte für die Polizei

Diese Probleme hat die Polizei nicht, die mit geschätzten 16 000 Mann den Gipfel bewachen soll. Für sie stehen Polizeiunterkünfte und Bundeswehr-Kasernen zur Verfügung. Die Beamten hoffen auf bessere Verhältnisse als beim Besuch von US-Präsident George W. Bush im Juli 2006. Die Unzufriedenheit war groß über die schlechte Qualität der Unterbringung. „Wir hatten nicht viel Zeit zur Vorbereitung“, räumt der Chef der G8-Polizeitruppe, Knut Abramowski, ein. Nun soll es besser sein, denn die Vorbereitungszeit beträgt mehr als zwei Jahre.

Ein ganz besonderer Unterkunftswunsch bleibt aber selbst für die Superreichen dieser Welt gewiss unerfüllt: Eine Nacht im Kempinski Grand Hotel in Heiligendamm zur Gipfelzeit. Die Bundesregierung hat das Hotel vom Keller bis zum Dach reserviert. „Am 29. Mai um 12 Uhr werden die letzten Gäste verabschiedet“, sagt Hotelsprecherin Frauke Müller. Dann rücken die Arbeiter für die Vorbereitungen an, damit Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Gäste am 6. Juni stilgerecht begrüßen kann. Der G8-Gipfel dauert bis zum 8. Juni.