Flammender Protest

Tagesspiegel 6. Januar 2006

Brandanschlag auf McDonald’s-Filiale. Linksextreme machen mobil gegen Weltwirtschaftsgipfel
Linksextremisten haben in der Nacht zu Sonnabend einen Brandanschlag auf eine McDonald’s-Filiale in Marzahn verübt. Sie warfen einen Molotowcocktail in das Schnellrestaurant, der Lagerraum brannte vollständig aus. Passanten sahen die Flammen und alarmierten die Feuerwehr, diese konnte ein Übergreifen auf den eigentlichen Gaststättenbereich verhindern. Menschen wurden nicht verletzt, da die Filiale nachts um 4.30 Uhr geschlossen war. An die Fassade des Gebäudes in der Bitterfelder Straße schmierten die Täter „McDonalds killt“ sowie „Smash Capitalism“, zudem hinterließen sie das Symbol für Anarchie, das große A im Kreis. Der für politische Delikte zuständige Staatsschutz ermittelt.

Obwohl bislang kein Bekennerschreiben einging, hält die Polizei einen Zusammenhang mit dem im Juni stattfindenden G-8-Gipfel in Heiligendamm für wahrscheinlich. Darauf lasse schon der Schriftzug mit der Kapitalismuskritik schließen. Die amerikanische Schnellrestaurant- Kette ist in der militanten Linken eins der verhasstesten Symbole des globalen Kapitalismus, mehrfach hatte es in der Vergangenheit weltweit Anschläge auf Filialen gegeben. In Berlin soll aber auch das Kempinski am Kurfürstendamm zu den gefährdeten Objekten gehören, da dass Treffen in Heiligendamm im dortigen Haus der Hotelkette stattfindet. Weit über 10 000 Polizisten sollen das Seebad in eine Festung verwandeln, bis zu 100 000 Demonstranten werden erwartet.

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Bereits im Dezember, nach dem Anschlag auf den Hamburger Finanzstaatssekretär Thomas Mirow, hatten Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt vor weiteren Anschlägen gegen den G-8-Gipfel gewarnt. Seit Mitte 2005 gebe es eine steigende Tendenz zu Anschlägen, hieß es gestern beim Berliner Verfassungsschutz. Neu sei für die militante Linke, dass erstmals unterschiedliche Gruppen durch Anschläge zu einem Thema, nämlich gegen den Gipfel aufgefallen seien. Schwerpunkte seien Norddeutschland und Berlin gewesen. Keine Erkenntnisse gebe es darüber, ob und wie stark diese Gruppen vernetzt seien. In Berlin gibt es nach Angaben des Verfassungsschutzes 1225 „gewaltbereite aktionsorientierte Linksextremisten“. Die vom Verfassungsschutz als „mobilisierungsstark“ eingestufte Gruppe Antifaschistische Linke Berlin (ALB) engagiert sich gegen den Weltwirtschaftsgipfel.

Unklar ist, inwieweit die Gewaltbereiten den 1. Mai in Berlin und die beiden Vorbereitungstreffen zum G-8-Gipfel in Brandenburg Mitte Mai zu Aktionen nutzen werden. Wie berichtet, treffen sich Mitte Mai die Finanzminister der G8 in Petzow und Ende Mai die Außenminister in Potsdam. Möglich sei, dass es im Umfeld dort Anschläge geben werde, quasi als Aufwärmübung, möglich sei aber auch, dass die Militanten ihre Energie auf Heiligendamm konzentrieren werden. Darüber sei eine Aussage noch zu früh, hieß es, dies sei Kaffeesatzleserei. In diesem Jahr blickt die Polizei ohnehin gespannt auf den 1. Mai, da sich in diesem Jahr die Krawalle zum 20. Mal jähren. 1987 hatte es erstmals Unruhen gegeben in Kreuzberg.

Unter besonderer Beobachtung dürfte an diesem Wochenende ein Gipfel-Vorbereitungstreffen der linken Szene stehen, das in Neukölln stattfindet. Ha