Erklärung

21. August 2007 - Rolf Hartmann und Manfred Sehl

Wir studierten, promovierten und lehrten mehrere Jahren an deutschen Hochschulen. Überrascht haben wir Stellungnahmen zur Kenntnis genommen, die Teile unserer kritischen Kolleginnen und Kollegen vom Katheder ließen. Ihre Aussagen treffen uns. Sie lesen sich so, als ob kritische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keine Brandsätze unter - wie Tucholsky sagen würde - für organisierten Massenmord produziertes Kriegsgerät legen könnten. Dabei waren doch Angehörige verschiedener Universitäten 1972 daran beteiligt, einen Rechner der US-Army zu sprengen und damit die Bombardierung von Vietnam für die Dauer mehrerer Tage zu stoppen.

Die Kundgabe, dass die Verhaftung von vier Menschen Ende Juli d. J. der Einschüchterung und Kriminalisierung kritischer Wissenschaft dienen, können wir nicht gänzlich teilen. Nach unseren bescheidenen Informationen stellt sich die Sache so dar, dass die Inhaftierten sowohl kritische Geister als auch Teil der neuen sozialen Bewegungen und politisch-praktisch tätige Menschen sind, die in die breite Öffentlichkeit hineinwirken. Das macht sie für die Ermittlungsbehörden interessant und führt dazu, dass diese jene observieren und mit politischen Strafverfahren überziehen.

Der Inbrandsetzungsvorwurf gegen unbemannte LKW ist unserer Auffassung nach kein Grund für eine Untersuchungshaft. Zu untersuchen wäre vielmehr, warum sich heute wieder deutsche Waffen in der Hand deutscher Soldaten in drei Kontinenten befinden und einen Dienst für das Töten von Menschen leisten. Zu untersuchen wäre vielmehr, warum gegen den weltweiten Waffengang und die Beteiligung der Bundeswehr der Protest und der Widerstand in der deutschen Bevölkerung blass bleibt. Zu untersuchen wäre in unseren jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen, wie Terrorhysterie und Kriegslogik unsere Gesellschaft bestimmen und verändern.

Uns bleibt jedoch wie so oft nur das Spiel des demokratischen Meinungspluralismus und im elfenbeinernen Turm mit der Waffe der Kritik zu kämpfen, die wohlweislich nicht andere Formen der Kritik ersetzen kann. Insofern haben unsere kritischen Kolleginnen und Kollegen nicht unrecht. Wir sind tatsächlich nicht in der Lage Brandsätze an Kriegsgerät zu hinterlassen. Uns fehlt - offen gestanden - auch der Mut, auf fremdes Gelände vorzudringen und dort eigenhändig abzurüsten. Wir haben großen Respekt und hohe Achtung vor all denen, die dies in aller Welt versuchen und ein Zeichen gegen Kriege setzen. Sie gehören deshalb zu den klügsten Menschen, die wir haben.

Welche Strafe hat die Demontage von mörderischem Kriegsgerät auf deutschem Boden in Zeiten völkerrechtswidriger Kriege unter deutscher Beteiligung verdient? In Anbetracht der Lehren aus der Geschichte plädieren wir für Freispruch.

Rolf Hartmann und Manfred Sehl
21. August 2007