Empörung über G8-Gefangenen-Sammelstellen: Anwälte erstatten Strafanzeige wegen “Käfighaltung”

tagesschau.de 9. Juni 2007

Die Haftbedingungen für die festgenommenen G8-Kritiker während des Weltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm sorgen für Empörung und haben jetzt auch ein juristisches Nachspiel. Die Notdienstanwälte vom “Legal Team”, die die in Rostock festgehaltenen Globalisierungskritiker vertreten, erstatteten jetzt Strafanzeige gegen die Justiz.

Wegen menschenunwürdiger Unterbringung der Festgenommenen in Käfigzellen müssten die verantwortlichen Richter zur Rechenschaft gezogen werden, erklärte der Republikanische Anwälteverein (RAV). Die Anwälte werfen den Verantwortlichen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung vor.
“Unerträglicher Voyerismus”

Die Richter hätten die Käfige vor Beginn des G-8-Gipfels besichtigt und daher die Betroffenen wissentlich unter menschenunwürdigen Umständen in Haft gelassen. “Für dieses Vorgehen gibt es keinerlei Rechtsgrundlage”, erklärte Undine Weyers vom Anwaltlichen Notdienst. “Menschen auf diese Weise in Käfigen unterzubringen, verstößt eklatant gegen die Menschenwürde. Sie zusätzlich dabei zu filmen, ist unerträglicher Voyerismus.”

In einer großen Industriehalle seien käfigartige Zellen aus Metallgittern errichtet worden, in denen den Angaben zufolge jeweils bis zu 20 Menschen festgehalten wurden, teilte der RAV mit. Die provisorischen Zellen seien etwa 25 Quadratmeter groß und von allen Seiten sowie von oben einsehbar. Frauen und Männer seien in gegenüberliegenden, direkt einsehbaren Zellen untergebracht gewesen, kritisierten die Anwälte weiter. Die dort Festgehaltenen hätten auf dem Boden liegen müssen, nur einigen sei eine dünne Gummimatte zur Verfügung gestellt worden. Decken wurden demnach nicht ausgegeben.

Die Halle sei 24 Stunden beleuchtet und ununterbrochen von Beamten gefilmt worden. Zudem hätten weitere Polizisten die nach oben offenen und mit Netzen überspannten Käfige regelmäßig beobachtet. Den Festgehaltenen sei es nicht möglich gewesen zu duschen. Sie hätten lediglich ein Stück Brot, eine Scheibe Wurst und auf Nachfragen Wasser erhalten. Jeder Gang zur Toilette und jeder Schluck Wasser sei von Polizisten protokolliert worden.
Polizeiführer Abramowski sieht kein Problem

Rostocks Polizeiführer Knut Abramowski hatte Journalisten gegenüber erklärt, dass die Unterbringung den gesetzlichen deutschen Standards enstpreche. Die Gefangenen würden in geschlossenen Räumen untergebracht und erhielten eine Isomatte, sagte er.

Stand: 09.06.2007 10:15 Uhr