Körting warnt vor islamistischen Terroristen

Berliner Zeitung 1. Juni 2007

Innensenator angesichts des G8-Gipfels besorgt / 1 000 Polizisten aus Berlin abkommandiert

Christine Richter und Lutz Schnedelbach
Wenige Tage vor dem Gipfeltreffen der führenden Wirtschaftsnationen in Heiligendamm hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vor islamistischen Terroristen gewarnt. “Wir dürfen den islamistischen Terrorismus nicht außer Acht lassen, gerade bei einer Veranstaltung wie dem G8-Gipfel besteht immer eine Bedrohung”, sagte Körting der Berliner Zeitung. Er verwies auf die Terroranschläge mit mehr als 50 Toten in London im Juli 2005, als parallel der G8-Gipfel in Gleneagles in Schottland stattfand.

Nach Einschätzung des Innensenators wird derzeit zu sehr über die militanten Linksextremisten debattiert. Dies sei aber nicht das große Problem bei dem Gipfeltreffen, sagte der Senator. Es handele sich dabei um Einzeltäter, um Straftäter, mit denen die Polizei fertig werde. “Wir dürfen die Gefahr des islamistischen Terrorismus beim Gipfel nicht unterschätzen”, sagte Körting.

Unterdessen rückten gestern die letzten der rund 1 000 Polizisten aus Berlin nach Heiligendamm ab. Die Polizisten werden nach den bisherigen Planungen des Einsatzstabes vor allem für den Schutz des Außenrings und bei Demonstrationen rund um Heiligendamm eingesetzt. Sie werden in Güstrow, Warnemünde, Schwerin, Kühlungsborn und Steffenhagen übernachten. Die Einsatzhundertschaften der Berliner Polizei gelten wegen der regelmäßigen Großdemonstrationen in Berlin bundesweit als sehr erfahren. “Sie werden wegen ihrer Ausbildung gerne gebucht”, hieß es im Polizeipräsidium. Auch Räumpanzer und Wasserwerfer der Berliner Polizei werden verfügbar sein.

In Heiligendamm sind vor allem die Polizisten, die auch beim 1. Mai in Kreuzberg im Einsatz waren. Ihre Kollegen, die in Berlin bleiben werden, dürfen während des Gipfels aber nicht freinehmen. In Berlin sollen “sicherheitssensible Punkte” verstärkt beobachtet werden, hieß es bei der Polizei. Dazu gehören Kreuzberg und Friedrichshain.

Laut Innensenator Körting sind in Berlin darüber hinaus keine speziellen Sicherheitsvorkehrungen geplant. “Es liegt keine akute Bedrohung vor”, sagte der Senator. Wie er hatte zuvor schon der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) erklärt, es sei problematisch, dass sich die öffentliche Wahrnehmung auf linksextremistische Gewalttäter konzentriere, da “wir gerade bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen sind”. Schünemann verwies ebenfalls auf die Terroranschläge in London. Auch in Deutschland gebe es Einzeltäter und Gruppen, die nicht im Netzwerk Al Qaida organisiert und dennoch für Anschläge motiviert seien. “Da haben wir zu wenig gesicherte Erkenntnisse, um sagen zu können, diese seien völlig ausgeschlossen”, so Schünemann.

Im Abgeordnetenhaus erklärte der CDU-Sicherheitsexperte Frank Henkel, in Berlin gebe es fast 3 500 aktive Islamisten. “Dieses Bedrohungspotenzial darf nicht unterschätzt oder heruntergespielt werden”, sagte Henkel. Die Polizei müsse aufpassen, dass daraus keine konkrete Gefahr erwachse. Die anderen Parteien zeigten sich irritiert über Körtings Warnung vor islamistischem Terrorismus während des G8-Gipfels. “Es gibt weltweit eine generelle Bedrohung”, sagte der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Wenn sich die Chefs der führenden Industrienationen träfen, sei immer eine Bedrohung vorhanden. Auch SPD und Linkspartei sagten, es gebe keinerlei Hinweise auf eine besondere Lage. “Terroranschläge sind immer denkbar, auch in Berlin”, sagte der SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam.

Berliner Zeitung, 01.06.2007