G-8-Gegner: Polizei filzt Post in Hamburger Briefzentrum

Welt online 25. Mai 2007

Beamte der Staatsschutzabteilung filzen seit Tagen systematisch Post, die an Hamburger Zeitungen gerichtet ist. So sollen Bekennerschreiben nach Anschlägen militanter G-8-Gegner gefunden und deren Absender ermittelt werden. Die Polizisten durchsuchen auch die Post der Briefkastenentleerer.

Rund 20 Beamte sind am Hauptpostamt Kaltenkirchener Platz in einem extra eingerichteten Raum im Einsatz, um Sendungen zu sichten. Dabei suchen sie nach verdächtigen Schreiben, die an Redaktionen gerichtet sind. Die Briefe werden geöffnet, die Inhalte überprüft. Außerdem sind Beamte unterwegs, um die Post der Briefkastenentleerer zu durchsuchen. Besonders im Visier ist die Post aus den typischen Szenestadtteilen wie dem Schanzen- und dem Karolinenviertel, Altona, Ottensen, St..Pauli oder Eimsbüttel. Polizeisprecher Ralf Meyer wollte gestern Abend keine Angaben zu dieser „polizeiinternen Aktion“ machen. Das Abfangen von Briefsendungen sei aber eine normale strafprozessuale Maßnahme, für die zuvor ein richterlicher Beschluss eingeholt wird.

Das Landeskriminalamt ist bei der Aktion nur unterstützend tätig. Federführend sind das Bundeskriminalamt und die Bundesanwaltschaft. Eine Stellungnahme war zunächst nicht zu erhalten. Offensichtlich ist nach der eher erfolglosen Durchsuchung der Roten Flora ein weiterer Schritt eingeleitet worden, um doch einmal Täter aus der linksautonomen Szene zu ermitteln.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski steht der systematischen Überprüfung von an Redaktionen gerichteten Schreiben kritisch gegenüber. Er habe erhebliche Zweifel, dass es dafür eine rechtliche Grundlage gebe, sagte er.

Ob die Postschnüffelaktion den lang ersehnten Erfolg bringt, ist zweifelhaft. Bevor es das Postzentrum am Kaltenkirchener Platz gegeben hatte, waren die Absendeorte von Bekennerschreiben wesentlich leichter einzugrenzen. Trotzdem hat es die Polizei in den vergangenen Jahrzehnten nie geschafft, militante Gruppen auszuheben, die in Hamburg oder Umland politisch motivierte Anschläge verübten.

Von André Zand-Vakili, 24. Mai 2007, 22:25 Uhr