G8-Gipfelland nimmt keine Geruchsproben

Handelsblatt23. Mai 2007

Der Innenminister von Mecklenburg- Vorpommern, Lorenz Caffier, lehnt die vorsorgliche Sicherung und Speicherung von Geruchsproben in Vorbereitung auf den G-8-Gipfel ab. Die Bundesbehörden scheinen jedoch bisher nicht bereit, darauf zu verzichten.

HB SCHWERIN/BERLIN. Die Abnahme von Geruchsproben habe es in seinem Bundesland nicht gegeben und werde es auch nicht geben, erklärte der CDU-Politiker Caffier am Mittwoch in Schwerin. Auch würden keine Hunde zu diesem Zweck eingesetzt.

Die Bundesregierung warnte davor, die umstrittene Sicherung von Geruchsproben zur Identifizierung von G8-Gegnern mit Stasi-Methoden zu vergleichen. Man müsse zwischen den berechtigten Empfindungen von Stasi-Opfern und rechtsstaatlichen Maßnahmen zur Verfolgung von Straftätern unterscheiden, sagte die Sprecherin des Justizministeriums, Eva Schmierer, am Mittwoch in Berlin. Der Vergleich zwischen einem konkreten Ermittlungsverfahren und dem flächenmäßigen Ausmaß in der ehemaligen DDR hinke. Entsprechende Vergleiche hatten unter anderem die Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, und der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse gezogen. Beide waren zu DDR-Zeiten Bürgerrechtler.

„Es ging ganz konkret um einen Sachverhalt, den die Bundesanwaltschaft ermittelt“, sagte Schmierer. Im Rahmen dieser Ermittlungen habe es Geruchsproben von fünf Beschuldigten gegeben. „Die werden nur als ein Indiz im Rahmen der Ermittlungsmaßnahmen verwendet. Und sie werden auch nur verwendet, so lange das Verfahren läuft - und danach vernichtet.“ Es gehe darum, vorhandene Asservaten mit den Geruchsspuren abzugleichen. Ihr sei über das konkrete Verfahren hinaus nicht bekannt, dass andere Geruchsproben gesammelt worden seien, sagte Schmierer.

Die Überführung durch den Polizeihund mussten Übeltäter in Deutschland schon zu Kaisers Zeiten fürchten: Um 1900 wurde die kontrovers diskutierte Polizeipraxis, Straftäter mittels Körpergeruch zu identifizieren, erstmals eingesetzt. „Sie ist eine seit Jahrzehnten gängige und vor Gericht anerkannte Methode“, sagte Günther Bonke, Polizeihauptkommissar am Institut für Aus- und Fortbildung der Polizei Nordrhein-Westfalen in Schloss Holte-Stuckenbrok. Erlaubt sei sie allerdings nur im Einzelfall, wenn in einem Ermittlungsverfahren ein konkreter Tatverdacht vorliege.

In moderner Form eingeführt wurde die Geruchsprobenentnahme bei Tatverdächtigen in Deutschland 1988, wie Bonke sagt. Nach holländischem Vorbild werden seitdem mit Hilfe eines geruchslosen Metallrohrs die genetisch einzigartigen Duftproben genommen. Wenn die Betroffenen sie einige Minuten in der Hand halten, überträgt sich der Geruch auf den Stab. Mit Hilfe der Probe können abgerichtete Hunde dann feststellen, ob einer der Verdächtigen zum Beispiel ein Bekennerschreiben oder andere Gegenstände berührt hat, wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Andreas Christeleit, erklärt.

Einen Beweiswert im klassischen Sinn haben die Proben dabei nicht, wie der Behördensprecher hinzufügt. Sie hätten allerdings einen Indizienwert und könnten in die Gesamtwürdigung vor Gericht einbezogen werden. Gerichtlich anerkannt sei das Verfahren aber auch nur, wenn drei unterschiedliche Hunde unabhängig voneinander zu dem selben Ergebnis kommen, sagt Polizeihauptkommissar Bonke.