G8-Protestler distanzieren sich von Gewalt

Berliner Zeitung 23. Mai 2007
Erneut Brandanschläge auf Autos in Hamburg und Berlin

Andreas Förster

BERLIN. Die Veranstalter der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm haben sich von gewalttätigen Aktionen im Vorfeld der Tagung distanziert. “Brandanschläge und andere illegale Aktivitäten sind nicht das, wozu wir aufgerufen haben”, sagte Werner Rätz vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac gestern in Berlin. In der Nacht zum Dienstag waren erneut zwei Autos in Berlin und Hamburg angezündet worden. Das in Hamburg abgebrannte Fahrzeug gehörte dem Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Ob diese Brandstiftungen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel stehen, war nicht bekannt.

Mit den jüngsten Brandanschlägen hat sich die Zahl der seit Jahresbeginn angezündeten Fahrzeuge - die meisten von ihnen waren höherwertige Sportwagen oder Limousinen - auf mehr als 50 erhöht. Nur bei einem Bruchteil der Brandanschläge allerdings bekannten sich anschließend linke Autonome zu der Tat und verwiesen auf einen Zusammenhang mit dem G8-Gipfel. Dennoch gehen Polizei und Verfassungsschutz von politisch motivierten Anschlägen aus dem linksradikalen Spektrum aus.

Werner Rätz und andere Mitveranstalter der für den 2. Juni geplanten Großdemonstration in Rostock bekräftigten auf einer Pressekonferenz, dass sie einen friedlichen Verlauf der Protestaktion erwarten. “Weder wir, die Veranstalter, noch die Polizei haben irgendwelche Hinweise darauf, dass es kleine Gruppen geben wird, die den friedlichen Charakter der Demonstration in Frage stellen werden”, sagte Rätz. Ein von allen beteiligten Organisationen mitgetragenes Ordnersystem werde zudem dafür sorgen, dass mögliche Störungen sofort beigelegt werden.

Zur Demonstration in Rostock, zu der ein breites Bündnis von linken Aktivisten, Gewerkschaften, Politikern, kirchlichen Gruppen und Nichtregierungsorganisationen aufgerufen hat, werden bis zu 100 000 Teilnehmer erwartet. Mehrere tausend von ihnen kommen aus dem Ausland, darunter aus Skandinavien, Frankreich, Griechenland, Österreich, der Schweiz, Niederlande und Belgien. In diesem Zusammenhang kritisierten die Demo-Organisatoren die von Bundesinnenminister Schäuble angekündigte Einführung von Grenzkontrollen, die nach ihrer Meinung die Anreise der Protestler behindern soll.

Polizei sichert Geruchsproben

Die Bundesanwaltschaft räumte gestern ein, dass die Polizei bei mehreren G8-Gegnern Körpergeruchs-Proben genommen habe. “Das ist bei einzelnen Beschuldigten passiert”, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der Nachrichtenagentur AP. Mit Hilfe der Geruchsproben sollen besonders abgerichtete Hunde Tatverdächtige wiedererkennen. Bei wie vielen Personen Proben genommen wurden, teilte die Bundesanwaltschaft nicht mit. Die Abnahme von Geruchsproben war bisher als Überwachungsmethode des DDR-Staatssicherheitsdienstes im Fall von Dissidenten bekannt. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ist der Beweiswert der Geruchsproben ungeklärt.

Berliner Zeitung, 23.05.2007