Die G8-Gipfeltreffen sind leider verkommen

MVregio 23. Mai 2007

23.05.2007: Rostock/Kommentar/MVregio Der G8-Gipfel sollte ein glanzvoller Auftritt der Berliner Republik im Reigen der großen Acht werden. Doch herausgekommen ist ein als Festung ausgebautes Ostseebad, bewacht von Polizei und Staatsanwälten, die im Vorfeld wahllos mit Razzien und Ermittlungen das Klima zusätzlich anheizen. Herausgekommen sind dabei auch blank liegende Nerven bei den Bürgern im Landkreis Doberan und Rostock, mehr als verständlich angesichts der massiven Polizeipräsenz und den damit verbundenen nun schon tagelang währenden Einschränkungen.

Das Ergebnis ist wohl eine politische Katastrophe, denn was immer auch Landesregierung und der Bund versuchen - bei den Gipfelgegnern ernten sie nur vernichtende Kritik. Und der Kreis der Kritiker bekommt immer mehr honorigere Namen wie Altbundeskanzler Helmut Schmidt oder Ex-Arbeitsminister Norbert Blühm.

Von der Öffentlichkeit nahezu völlig unbemerkt schreitet die schleichende Aufweichung unser Grundrechte durch den Gipfeleinsatz der Sicherheitskräfte weiter voran. Da wird mal eben das Demonstrationsrecht eingeschränkt oder das Recht auf Freizügigkeit, mehr noch, die Bedrohung scheint offensichtlich so groß zu sein, dass es für nötig gehalten wird, die Bundeswehr mit 1400 Soldaten als Hilfstruppe der Polizei ohne Deckung des Grundgesetzes einzusetzen.

Das ganze Theater verkommt mehr und mehr zu einem Sieg derer, die mit Gewalt drohen und dabei ganz nebenher die Allgemeinheit in Ihrer Freiheit einschränken. Eine starke Gesellschaft wie unsere sollte das aushalten und kann sich nicht mit weit überzogenen Einschränkungen der Grundrechte zu Gunsten weniger Gewaltbereiter entfalten. Sind es wirklich nur einige wenige gewaltbereite Gipfelgegner, denen diese überdimensionale und kostspielige Demonstration von Macht gilt, oder wer ist tatsächlich gemeint - der Steuerzahler etwa, der den Gipfel - nebst Zaun und Wache - quasi ausrichtet?

Sicherheit ist ein Allgemeingut und nicht das Recht weniger. Unser Grundgesetz ist ein wesentlicher Pfeiler dieses Allgemeinguts. Wer daran sägt, gefährdet unser aller Sicherheit!

Am meisten hat mich aber was ganz anderes berührt. Als ich das internationale Pressezentrum des G8-Gipfels in Kühlungsborn besichtigte, kam eine ältere Dame auf mich zu und fragte, ob ich ein Journalist sei. Ich bejahte und sie lud mich spontan auf einen Spaziergang in Kühlungsborn ein. Fernab vom Pressezentrum zeigt sie mir eine Grundschule, die sich in einem desolaten Zustand befand und erklärte mir: “Sehen sie, wir haben nicht das Geld unsere Schulen zu sanieren, unsere Kinder müssen teilweise unter erbärmlichen Umständen Schulen besuchen und nur ein Kilometer weiter wird für Millionen eine Zeltstadt für ganze 5 Tage aufgebaut. Darüber sollten Sie als Journalisten mal weltweit berichten.” Ich gebe zu, mir war angesichts solcher Bilder erbärmlich zu Mute.

” Inzwischen sind die Gipfeltreffen leider verkommen zu Medien-Events, und die Teilnehmer sind selbst schuld daran.” Diesen Worten Helmut Schmidts würde ein Mathematiker mit Blick auf den bevorstehenden Gipfel in Heiligendamm nur lakonisch hinzufügen : ” quot erat demonstrandum - was zu beweisen war.” Und das bereits zu einem Zeitpunkt, da der teure Zaun um das streng abgeschirmte Tagungs-Areal noch gar nichts und niemanden zu bewachen gehabt hat.

MVregio Rostock C. Böhme