Klage gegen Demonstrationsverbot läuft

Welt 18. Mai 2007

Ein Bündnis aus Gegnern der Konferenz hat beim zuständigen Verwaltungsgericht ein Eilverfahren gegen das Verbot beantragt. Die Bundesregierung nimmt in der Frage eine moderate Position ein. Experten halten eine Entscheidung zugunsten der G-8-Gegner für durchaus wahrscheinlich.

Den Streit über das Demonstrationsverbot am Metallgitterzaun in Heiligendamm müssen nun die Gerichte klären. Ein Bündnis von Globalisierungsgegnern beantragte beim Verwaltungsgericht Schwerin ein Eilverfahren gegen das Verbot, wie das Sternmarsch-Bündnis mitteilte. Während Linkspartei und FDP vor einer Eskalation warnten, wies die Bundesregierung darauf hin, die Behörden müssten den friedlichen Verlauf des Gipfels sicherstellen.

Hintergrund ist, dass die Polizeidirektion Rostock alle öffentlichen Versammlungen vom 30. Mai bis 8. Juni im Umkreis von 200 Metern um den Sicherheitszaun in Heiligendamm und rund um den Flughafen Rostock-Laage verboten hat. Zur Begründung heißt es, globalisierungskritische Kreise hätten wiederholt öffentlich dazu aufgerufen, den G-8-Gipfel zu blockieren.

Das Sternmarsch-Bündnis erwartet eine Gerichts-Entscheidung Ende nächster Woche. „Wir lassen uns das Demonstrationsrecht notfalls durch das Bundesverfassungsgericht bestätigen“, kündigte eine Sprecherin an. Eine Klage ist nach Ansicht von Experten erfolgsversprechend.

Der Berliner Staatsrechtsprofessor Ulrich Battis sagte im „Tagesspiegel“, die Demonstrationsfreiheit gelte als eines der „unentbehrlichen Funktionselemente eines demokratischen Gemeinwesens“. Dies habe das Verfassungsgericht 1985 in seinem so genannten Brokdorf-Urteil festgestellt. So lange die Demonstrationen friedlich seien, und selbst wenn „mit Ausschreitungen durch einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist“, halte das Verfassungsgericht den Schutz der Versammlungsfreiheit für das höhere Rechtsgut.

Steg: Friedlicher Protest muss möglich sein

Regierungssprecher Thomas Steg erklärte, friedlicher Protest solle und müsse möglich sein. „Auf der anderen Seite soll und muss es genauso möglich sein, dass die Behörden den friedlichen Verlauf des G-8-Gipfels in Heiligendamm sicherstellen.“ Es sei Sache der örtlichen Behörden, über die Anträge auf Demonstrationen im Umfeld des Gipfels Anfang Juni zu entscheiden.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, sagte, die Gefahr für die Demokratie beim G-8-Gipfel gehe nicht von Demonstranten, sondern von der Bundesregierung aus, die das Grundrecht auf Demonstrationen nach Gutdünken einschränken wolle. Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erklärte im rbb-Inforadio, sie halte ein generelles Demonstrationsverbot für unverhältnismäßig. Solch ein Verbot provoziere eher Gewalt.

Dagegen zeigte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach Verständnis für das Demonstrationsverbot. „Aus der Erfahrung vergangener Gipfel wissen wir, dass es zu erheblichen Ausschreitungen gekommen ist. In Genua gab es sogar ein Todesopfer. Das darf bei uns nicht passieren“, sagte der CDU-Politiker der „Saarbrücker Zeitung“ laut Vorabmeldung.

Attac erklärte, nach dem Demonstrationsverbot und den Razzien habe es eine starke Mobilisierung der Globalisierungsgegner gegeben. Der Verkauf von Bustickets nach Heiligendamm sei enorm angestiegen, sagte Attac-Aktivist Sven Giegold. Viele Menschen hätten sich neu angemeldet. Insgesamt rechne man mit mehr als 100.000 Demonstranten. Zugleich kündigte Attac an, sich an einer Klage gegen das Demonstrationsverbot zu beteiligen.
AP/cn

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