Ver.di bestreikt G-8-Standort Heiligendamm

Hamburger Abendblatt 15. Mai 2007

Telekom Konflikt eskaliert

Rostocker Monteure legen Arbeit nieder. Bundesweit bleiben Zehntausende Aufträge liegen.

Bonn/Berlin/Hamburg - Der Kampf der Gewerkschaft Ver.di gegen schlechtere Arbeitsbedingungen für rund 50 000 Beschäftigte der Deutschen Telekom wird härter. “Die Wirkung des Streiks wird in dieser Woche deutlich zunehmen”, sagte gestern der Bundesvorstand der Gewerkschaft, Lothar Schröder. Streikleiter Ado Wilhelm sprach von bislang “mehreren Zehntausenden liegengebliebenen Aufträgen”. Gestern beteiligten sich rund 15 000 Telekom-Beschäftigte am Arbeitskampf. Betroffen waren laut Ver.di alle Bundesländer mit Schwerpunkt auf Berlin, Brandenburg, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

Mittlerweile betrifft der Streik auch die Vorbereitungen für den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Wie Ver.di mitteilte, streikten gestern Monteure im Tagungsort und am Standort des Medienzentrums in Kühlungsborn. Insgesamt seien im Bereich Rostock 100 Monteure im Ausstand. Ein Telekom-Sprecher bestätigte dies, er betonte aber, dass “die notwendigen Installationsarbeiten termingerecht ablaufen”, da beamtete Monteure eingesetzt würden.

Heute wollen wieder 15 000 Telekom-Mitarbeiter gegen die Auslagerung in den neuen Bereich T-Service protestieren. In Hamburg und anderen Standorten in Norddeutschland sind insgesamt 1400 Beschäftigte zum Streik aufgerufen. Erneut würden alle Bereiche wie Callcenter und der technische Kundendienst betroffen sein, kündigte Ver.di an. Dies führe weiter zu Verzögerungen etwa bei der Auftragsbearbeitung und der Entstörung.

Mit Geldprämien will die Telekom nun Mitarbeiter zur Rückkehr zum Arbeitsplatz bewegen. In einer SMS an Beschäftigte hieß es nach einem Bericht der Presseagentur dpa wörtlich: “Hallo Kollegen, wer ab morgen wieder seinen Dienst antritt, bekommt täglich 50 Euro solange gestreikt wird.” Die Telekom bestätigt den Versand einer solchen SMS nicht. Im Konzern gebe es nur eine grundsätzliche Regelung, wonach Mitarbeiter bei außergewöhnlichen Belastungen mehr Geld bekommen könnten. Ver.di zweifelte am Erfolg der Maßnahme: “Die Leute lassen sich nicht für 50 Euro täglich kaufen, wenn sie künftig im Monat mehrere Hundert Euro weniger verdienen sollen”, sagte Wilhelm.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) forderte Ver.di zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Man müsse miteinander sprechen, sagte er. Die Telekom müsse ein wirtschaftlich leistungsfähiges Unternehmen bleiben, damit sie nicht etwa von Ausländern aufgekauft werde. Klar sei aber, dass man die Probleme “nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer lösen kann”.

HA
erschienen am 15. Mai 2007