Reservisten im Einsatz

junge welt 14. Mai 2007

Bundeswehr soll G-8-Gipfel schützen. Nicht nur teuer, sondern auch verfassungswidrig
Von Ulrich Sander

Ohne Abstimmung im Bundestag wird die »Parlamentsarmee« in ein weiteres Land zu einem Kampfeinsatz entsandt: Nach Mecklemburg-Vorpommern. Der verfassungswidrige Einsatz im Innern anläßlich des G-8-Gipfels kostet die Steuerzahler laut Pressemeldungen zehn Millionen Euro – zusätzlich zu einem gewaltigen Rüstungsetat. Und er kostet Freiheitsrechte der Bürger. Die Gewerkschaften, einst führend im Kampf gegen die Notstandsgesetze und Bundeswehreinsätze im Innern, schweigen – oder beteiligen sich wie die Polizeigewerkschaft führend an der Hysterie gegen Demonstranten.

In Bundeswehrblättern wie Information für die Truppe wird seit Jahren auf den Inlandseinsatz »gegen den Terror«, zum Beispiel gegen »Chaosgruppen wie z. B. die Gruppe der Globalisierungsgegner« (IfdT 3/2002) eingestimmt. Per Reservistengesetz vom Februar 2005 wurden noch unter der SPD-Grünen-Bundesregierung über eine Million ehemalige Soldaten zusätzlich für die »Zivil-Militärische Zusammenarbeit ZMZ Inneres«, das heißt für den Einsatz im Innern, bereitgestellt. Man hatte einfach das Reservistenalter von 45 Jahren auf 60 aufgestockt. Nach welchen Maßstäben die Bundeswehr ihre Einsätze gegen die Bevölkerung des besetzten Landes ausrichtet, wird in dem Buch »Geheime Krieger« des rechtsextremen Generals a. D. und ehemaligen KSK-Kommandeurs Reinhard Günzel ausgeplaudert. Es sind die Maßstäbe der Wehrmachts-Antiterroreinheit Division Brandenburg. Die »Brandenburger« waren unter anderem im Juni 1941 in Lwow/Lemberg dabei, als 7000 Juden in wenigen Stunden von deutschen und ukrainischen Wehrmachtsangehörigen ermordet wurden.

Die Militarisierung des Landes erreicht mit dem neuen Reservistenkonzept »ZMT Inneres« und dessen Anwendung beim G-8-Gipfel einen neuen Stand. Zusätzlich zum Wirken alter und neuer Rechtsextremer in der Bundeswehr ensteht ein neue Organisation, die dem Einfluß von rechts ausgesetzt ist. In rund fünf Millionen Familien gibt es Reservisten, zu denen die Bundeswehr laufend Kontakt hält. Zur Instrumentalisierung der Bundeswehr zum Einsatz im Innern kommt die ideologisch extrem rechte Beeinflussung der Bevölkerung: Die militaristischen Traditionsverbände und die Reservistenverbänden bekommen immer mehr Einfluß – und Geld der Steuerzahler.

14.05.2007 / Inland / Seite 4