Selbst der G8-Gipfel wird jetzt bestreikt - Arbeitskampf bei der Telekom

Merkur 14. Mai 2007

München - Im Streik tausender Telekom-Beschäftigter gegen die Ausgliederungspläne der Konzernführung legen Gewerkschaft und Vorstand nun harte Bandagen an.

Die Gewerkschaft Verdi kündigte für heute eine Ausweitung des Streiks an, die Zahl der betroffenen Kunden dürfte steigen. Ab heute sind nach Verdi-Angaben 14000 Beschäftigte zum Streik aufgerufen. Die Schwerpunkte werden in Berlin-Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen liegen.

Die Telekom-Kunden werden die Auswirkungen nach Worten von Streikleiter Ado Wilhelm deutlich zu spüren bekommen. Wer beispielsweise einen neuen Anschluss einrichten oder eine Störung beseitigen lassen wolle, werde in weiten Teilen Deutschlands vergeblich auf den Telekom-Techniker warten, sagte der Verdi-Streikführer.

Verdi hat den Streik auch auf Mitarbeiter ausgedehnt, die den G8-Gipfel in Heiligendamm vorbereiten. „Es handelt sich um 10 Leute eines Trupps aus Rostock, die seit Samstag auch im Streik sind”, sagte Kirsten Jöhnk von Verdi Nord. Vorwürfe, die Gewerkschaft sabotiere dadurch den Gipfel, wies Jöhnk zurück. „Die Telekom reagiert da superhektisch”, sagte Jöhnk. Wenn man solchen Staatsbesuch erwarte, müsse die Infrastruktur einen Monat vorher fertig sein.

Beim Streikauftakt am Freitag hatten sich 11000 Mitarbeiter beteiligt, am Samstag und Sonntag wurde die Zahl der Streikenden nach Gewerkschaftsangaben auf insgesamt rund 1500 zurückgefahren. Wilhelm warf dem Telekom-Vorstand am Sonntag „ungeheuerliches Verhalten” vor. So seien in mehreren Fällen Streikende mit Kündigung bedroht worden. Auch werde versucht, Streikbrechereinsätze über Leih- und Zeitarbeitnehmer zu organisieren. „Wir haben die Telekom vor dieser Form von Eskalation gewarnt. Jetzt wehren sich die Beschäftigten auf ihre Weise”, sagte Wilhelm.

Diensthandys eingesammelt

Obermann konterte mit der Drohung des Verkaufs von Service-Sparten, um die Kosten in den Griff zu kriegen. Für die Mitarbeiter wäre das sicher die schlechtere Lösung, wird Obermann in der „Bild am Sonntag” zitiert. Außerdem warnte er vor einer ausländischen Übernahme des Konzerns: „Mittelfristig kann man das nicht ausschließen.” Die Telekom müsse daher auch im Sinne ihrer Mitarbeiter konkurrenzfähiger werden, sagte er der Zeitung weiter. Er habe zurzeit einige schlaflose Nächte. „Am Ende der Nacht komme ich immer wieder zum selben Ergebnis: Wir haben keine Alternative zum Reformkurs.”

Die Gewerkschaft wies die ins Spiel gebrachte Überlegung eines Verkaufs als „völligen Blödsinn” zurück. „Wer seinen Service verkauft, kann gleich das ganze Unternehmen verkaufen”, sagte Streikführer Wilhelm.

Der Streikleiter warf der Telekom massive Einschüchterungen von Mitarbeitern vor. „Teilweise werden Diensthandys eingesammelt und die SMS kontrolliert, um nachzusehen, wie wir uns organisieren”, sagte er der „Bild am Sonntag”. „Wer nicht steikt, bekommt vom Konzern eine Prämie von 300 Euro - das ist unglaublich.”

Das Unternehmen kann in der Auseinandersetzung mit Verdi auf Rückendeckung aus der Politik zählen. Laut einem Bericht des Berliner „Tagesspiegel am Sonntag” unterstützen Telekommunikationsexperten von CDU, SPD und FDP den von dem Unternehmen geplanten Personalumbau. Wilhelm sagte dazu, die Abgeordneten sollten sich lieber gegen eine Schlechterbehandlung der Telekom im Vergleich zu Konkurrenten im Prozess der Regulierung einsetzen.

ap/dpa