„Kavala“ schützt Weiße Stadt

SVZ 8. Mai 2007

G8-Polizeiführer Knut Abramowski spürt positive Grundstimmung zum Gipfel

Heiligendamm (Joachim Mangler, dpa) • Polizeiführer Knut Abramowski steht in der Nähe des imposanten Zauns, der mit zwölf Kilometer Länge das kleine Ostseebad Heiligendamm fast vollständig umschließt. „Ich fühle eine gewisse Spannung und eine positive Grundstimmung“, sagt der Chef der extra für den G8-Gipfel gebildeten Polizeieinheit „Kavala“. Kavala – Der Name ist abgeleitet von einer griechischen Stadt, die wie Heiligendamm die „weiße Stadt am Meer“ genannt wird. Der Zaun, den Abramowski lieber „technische Sperre“ nennt, ist das sichtbarste Zeichen des Treffens der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrie- Nationen und Russlands vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm.

Beim Gipfel Chef von 16 000 Polizisten

Der 54-jährige gebürtige Schleswig-Holsteiner, Vater von vier Kindern und seit 1991 in Mecklenburg-Vorpommern, wirkt aufgeräumt: „Wir haben ein Fundament geschaffen. Es gibt keine Planungsdefizite, die uns im Einsatz behindern könnten“, sagt er mit Blick auf die vergangenen zwei Jahre. 350 Beamte umfasst sein Stab, am Ende werden es 580 sein. Anfang Juni wird er rund 16 000 Polizisten zu führen haben. Die Kosten liegen bei knapp 100 Millionen Euro. „Aber das braucht mich nicht zu interessieren, das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.“

Beim Schutz der Gipfel-Teilnehmer muss sich Abramowski zusammen mit deutschen und internationalen Kollegen um zehntausende friedliche Demonstranten kümmern - und vielleicht um einige hundert, die in weniger friedlicher Absicht in den Nordosten kommen. Zu seiner möglichen „Klientel“ gehören aber auch Einzeltäter oder kleine Gruppen, die die Polizei dem internationalen Terrorismus zuordnet.

Internationale Antiterror-Experten vor Ort

Gerade über die Rolle seiner Kollegen insbesondere aus den USA kann trefflich spekuliert werden. Welche Rolle spielen sie, was haben die Deutschen da zu sagen? „Die Zusammenarbeit mit den internationalen Kollegen ist hervorragend und vertrauensvoll“, sagt Abramowski kurz. Der Schutz des Gipfels sei eine Aufgabe, die nur mit strenger Hierarchie zu lösen sei. Aus dem hermetisch abgeschirmten Hauptquartier in Waldeck bei Rostock dringt kein kritisches Wort. Dass man sich auch in der Öffentlichkeit mit so einer Grundhaltung nicht nur Freunde macht, ist Abramowski klar. „Kritik ist im Gehalt mit drin.“
Beim Einsatz während des Besuchs von US-Präsident George W. Bush im Vorjahr war das Murren in der Truppe deutlich zu hören gewesen. Viele der rund 12 000 Polizisten, die aus dem ganzen Bundesgebiet in den Nordosten kamen, beschwerten sich über teilweise miserable Unterkünfte und schwer genießbare Verpflegung. Kritik, die Abramowski ernst nahm, die aber seiner Meinung nach der kurzen Vorbereitungszeit geschuldet war. „Das wird bei G8 besser.“

Protest-Aktive haben wenig Vertrauen zur PolizeitruppeViel deutlicher ist die Kritik aus den Reihen der Gipfel-Gegner zu vernehmen. „Wir haben kein Verständnis, dass schon jetzt so massiv kontrolliert wird“, sagt Monty Schädel, Koordinator des Rostocker Anti-G8-Bündnisses. Bei der Besichtigung eines Camp-Platzes für 5000 Demonstranten habe eine Hundertschaft Polizisten in einer aufwändigen Prozedur die Personalien gecheckt. „Viele Protest-Aktive haben schlechte Erfahrungen gemacht mit Kavala und sind voller Misstrauen.“

Selbst bei angemeldeten Demonstrationen gebe es Platzverweise. Zudem habe sich „Kavala“ bei den Verhandlungen über Camps oder Demonstrationen oft durch eine Verzögerungstaktik ausgezeichnet, die unverständlich sei und Planungen erheblich in Verzug gebracht habe. „Das hat Methode“, murrt Schädel.

Bekannte Störer müssen zu Hause bleiben

Die Polizei rechtfertigt die Kontrollen mit der Notwendigkeit, auf alle Lagen angemessen und verhältnismäßig zu reagieren. „Nur das macht sicher“, sagt Abramowski. Dafür sei die Polizei bereit, noch weiter zu gehen. Bei bekannten Störern sei es durchaus denkbar, dass es an deren Wohnorten zu „Gefährder-Ansprachen“ kommt. Übersetzt heißt das: Ein gewaltbereiter Demonstrant kann notfalls gehindert werden, zu Protesten nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen.
Überhaupt habe die Polizei geschulte und einsatzbereite Kräfte, die bei Straftaten konsequent einschreiten werden, sagt Abramowski. Ob die angekündigten Blockaden des Tagungsortes immer Straftaten sind, darüber lasse sich streiten. Massive Behinderungen des Gipfels werde er definitiv nicht akzeptieren.

Dienstag, 8. Mai 2007

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