G8-Gegner erwarten “bunte, aber entschlossene” Proteste

NDR 16. April 2007

Die Kritiker des G8-Gipfels im Juni in Heiligendamm haben am Wochenende auf einer Konferenz in Rostock ihre Protestaktionen vorbereitet. Diesmal sei es um die Feinplanung gegangen, sagte Mitveranstalter Christoph Kleine zum Abschluss am Sonntag. Im Vordergrund des Treffens mit rund 400 Teilnehmern standen praktische Fragen zu den Zeltlagern, zur Großdemonstration am 2. Juni in Rostock, zur geplanten Blockade der Zufahrtswege und zu kirchlichen Veranstaltungen.

100.000 Teilnehmer erwartet

Bundesweit seien bereits 600 Veranstaltungen organisiert worden. Die Organisatoren rechnen bei den Gipfel-Protesten mit rund 100.000 Teilnehmern. “Wir werden großartige, breite, bunte, aber auch entschlossene Proteste im Juni erleben”, sagte Kleine. Um die Demonstranten unterzubringen, sind mehrere große Zeltlager in der Umgegeplant. Die Camp-AG der Gipfelgegner berichtete, die Stadt Rostock habe ein Gelände am Fischereihafen zur Verfügung gestellt, auf dem 5.000 Menschen Platz fänden. Gerade für die nahe Umgebung werde jedoch ein weiteres Camp dringend benötigt. Ein Zeltlager für 5.000 Leute ist bereits in Reddelich bei Bad Doberan geplant, während ein Camp für 15.000 Leute im weiter entfernten Bützow (Landkreis Güstrow) bei der Camp-AG auf Ablehnung stößt.

“Zaunspaziergang” in Heiligendamm

Im Anschluss an die Konferenz stand am Sonntag in Heiligendamm ein sogenannter Zaunspaziergang unter dem Motto “Gegen Zäune, Mauern und Grenzen” auf dem Programm. Um den Tagungsort entsteht derzeit ein 12,5 Kilometer langer, 2,50 Meter hoher und rund zwölf Millionen Euro teurer Zaun. Am Sonntagmittag führte die Kampagne “Block G8″, die den Gipfel mithilfe von Straßenblockaden behindern will, ein öffentliches “Blockadetraining” vor: 250 Demonstranten versperrten die Straße von Bad Doberan nach Heiligendamm.

Glockenläuten zu Beginn des Gipfels

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Mecklenburgs will zum G8-Gipfel in Heiligendamm Plattformen bieten für die Auseinandersetzung mit der Politik der sieben größten Industriestaaten und Russlands. Sie wolle sich ausdrücklich nicht an den Protesten gegen den Gipfel beteiligen, sagte Kirchenrat Andreas Flade am Montag. Er begrüße es im Gegenteil, dass die Mächtigen dieser Welt miteinander reden. Der Anschein, die Kirche wolle die G8-Proteste unterstützen, war bei der Aktionskonferenz am Wochenende entstanden.

Nach Worten Flades ist das achtminütige Glockenläuten zu Beginn des Gipfels auch nicht als Form des Protestes zu verstehen, sondern als Aufforderung, auch für die Regierungschefs zu beten. Ebenso sei das Anzünden von 30.000 Kerzen, die das weltweite Sterben von täglich 30.000 Kindern symbolisierten, ein Zeichen des Mitfühlens und des Einsatzes der Kirchen für die Armen dieser Welt, betonte der Kirchenrat.

DGB setzt auf direkte Kontakte

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kündigte an, sich nicht an den Protestaufrufen zu beteiligen. Stattdessen setze der DGB auf direkte Kontakte zur politischen Ebene, um seine Positionen zu vertreten, sagte der für internationale Angelegenheiten zuständige Abteilungsleiter Wolfgang Lutterbach. Am 7. Mai werde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Chefs der Gewerkschaftsdachverbänden der G8-Staaten zusammentreffen, darunter dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer. Lutterbach nannte das Treffen “eine gute Gelegenheit, um unsere Themen einzubringen”. Anders als der DGB beteiligen sich IG Metall und Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) offiziell am Rostocker Gegengipfel. Attac-Sprecher Peter Wahl bedauerte die DGB-Entscheidung.

Stand: 16.04.2007 18:55

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