Anschlag an der Elbe - wegen G8?

Hamburger Morgenpost 16. April 2007
Ottensen
In der Straße Neumühlen brannten Reifen, Scheiben gingen zu Bruch - Nach drei Minuten war alles vorbei - 20 bis 30 vermummte Täter flüchteten

SASCHA BALASKO/MARIUS RÖER

Die Gäste des "Indochine" an der Straße Neumühlen (Ottensen) genossen die laue Frühlingsnacht zu Sonntag. Viele von ihnen saßen draußen, amüsierten sich. Gegen Mitternacht war für sie der Spaß vorbei. Plötzlich tauchten 20 bis 30 Vermummte auf, zündeten mitgebrachte Autoreifen an und zerstörten die Scheiben des daneben liegenden Bürohauses. Offenbar war dies ein erneuter Anschlag von Gegnern des G-8-Gipfels im Juni in Heiligendamm.

Die Unbekannten stürmten aus allen Richtungen auf das "Hanse-Gate"-Haus an der Elbe zu. Dort befinden sich Büros von Reedereien, Rechtsanwälten sowie das Honorarkonsulat von Luxemburg. Mit lautem Knall landeten Steine und Flaschen voller roter und brauner Farbe in den Tür- und Fensterscheiben des Gebäudes. Glas zersplitterte. Einige der Angreifer warfen so genannte Krähenfüße auf die Straße. Diese Drahtnägel sollten offenbar die Reifen von Peterwagen zerstören. Nach drei Minuten war der Spuk vorbei, die Vermummten verschwanden wieder.

"Die Gäste dachten erst, es handle sich um ein Feuerwerk", berichtet "Indochine"-Geschäftsführer Tung Truong (29). "Als dann aber die dumpfen Schläge und der Qualm der brennenden Reifen aufstieg, haben sie begriffen, dass es sich um einen Anschlag handelt." Obwohl das Ganze nicht dem Lokal galt, hatte das "Indochine" doch unmittelbar darunter zu leiden. "Wir hatten etwa 300 Gäste. Als die Straße dann gesperrt wurde, mochte keiner mehr bleiben. Innerhalb von einer halben Stunde war der Laden fast leergefegt."

Rund 40 Beamte fahndeten anschließend nach den Tätern. Zwar überprüften sie einige junge Leute, doch die Suche blieb erfolglos. Bislang hat sich noch niemand zu der Tat bekannt. "Wir können aber nicht ausschließen, dass es sich um G-8-Gegner handelt", so Polizeisprecher Ralf Meyer.

Der G-8-Gipfel findet vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) statt. Dort treffen sich die acht wichtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt.

Zitat:
"Wir können einen G-8-Hintergrund nicht ausschließen"

Polizeisprecher Ralf Meyer



Anschläge der G-8-Gegner

31. Juli 2005 Der Dienstwagen des Vorstandschefs der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, steht in Flammen. Unbekannte haben einen Brandsatz vor der Villa des Topmanagers in Hollenstedt (Niedersachsen) gezündet.

17. Dezember 2005 Unbekannte stecken den BMW X5 von Holger Jung ("Jung von Matt") vor seiner Harvestehuder Villa in Brand. Der Staatsschutz prüft, ob der Anschlag mit der Kampagne "Du bist Deutschland" von Jungs Werbeagentur in Zusammenhang steht.

29. April 2006 Feuerwehrleute löschen in Reinbek den brennenden Mitsubishi von Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI). Unbekannte warfen Steine und Farbbeutel gegen seine Villa.

26. Dezember 2006 Das Haus von Finanzstaatssekretär Thomas Mirow (SPD) in Winterhude wird mit Farbbeuteln beworfen. Vor dem Backsteinhaus geht außerdem ein Mini Cooper in Flammen auf.

26. Januar 2007 Der Mercedes von Rüstungsmanager Herbert Aly wird in Groß Flottbek angezündet. Die Nienstedtener Villa seines Kollegen Walter Klausmann wird beschmiert.

23. Februar 2007 Vier neue Renaults der Dussmann-Dienstleistungsgruppe gehen in Niendorf in Flammen auf.

(MOPO vom 16.04.2007 / SEITE 8-9)