Voll verhaftet

Ostsee Zeitung 13.April 2007
Da kommt Angst auf. Da kommen Erinnerungen hoch. Mobile Gefängnisse. Da denkt man an den Hamburger Kessel – den rechtswidrigen Polizeieinsatz 1986 in Hamburg, bei dem Demonstranten von Polizisten eingekesselt festgehalten wurden. Schnellgerichte. Sucht man ein Synonym für das hässliche Wort, drängt sich ein noch hässlicheres in den Kopf. Standgerichte.

Das klingt alles nach Rechtsbeugung. Wird Heiligendamm zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit ein staatlich dominierter rechtsfreier Raum? Die Antwort muss lauten: Nein! Zum ersten: Es existieren klare Ankündigungen von Straftaten jeglicher Art rund um Heiligendamm zum G8-Gipfel. Darauf müssen Polizei und Justiz vorbereitet sein. Je besser sie das sind, desto größer ist die Chance, vor Ort das absolute Chaos zu verhindern. Sind sie es nicht, ist hinterher das Gezeter groß. Noch eines: Wer Straftaten ankündigt und ausübt, sollte stets damit rechnen, erwischt zu werden, und einen raschen Prozess einkalkulieren.

Nur, Augenmaß sollte genauso wenig abhanden kommen wie der Grundsatz juristischer Angemessenheit. Die Mehrheit jener, die sich im Juni Heiligendamm nähern, wird friedlich sein. Und die polizeilichen und juristischen Keulen sollten – angemessen – auch nur für diese Minderheit gelten. Alles andere wäre voll daneben. Neben dem Rechtsstaat.

MICHAEL MEYER