Massenblockaden gegen G 8 erwartet

taz 13. April 2007
Hinter verschlossenen Türen bereiten sich die norddeutschen Innenminister auf den G-8-Gipfel im Juni vor. Globalisierungsgegner fürchten besondere Meldeauflagen. Sie warnen vor Eingriffen in das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit

Eigentlich war es nicht mehr als ein Routinetreffen. Gestern kamen die Innenminister der norddeutschen Bundesländer zum traditionellen “Erfahrungsaustausch” zusammen. Doch das wichtigste Thema der Ministerrunde war keineswegs alltäglich: Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte die Kollegen nach Heiligendamm gebeten, um sie über die geplanten Sicherheitsvorkehrungen während des G-8-Gipfels zu informieren.

Nach der Konferenz stand fest: Das Sicherheitskonzept der Polizei bleibt weitgehend geheim. Um für gewalttätige Auseinandersetzungen gewappnet zu sein, sollen mehrere Gefangenensammelstellen eingerichtet werden. Zu diesem Zweck sollen Gefangene aus der JVA Bützow vorübergehend verlegt werden.

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte im Vorfeld des gestrigen Treffens im NDR angekündigt, er rechne mit massiven Protesten der linken Szene und Massenblockaden mehrerer tausend Linksextremer. Laut Schünemann sollen rund 16.000 Landespolizisten die Gipfelteilnehmer schützen. In welchem Umfang auch Bundeswehr, Bundespolizei und Beamte des Bundeskriminalamts eingesetzt werden, ist bisher nicht bekannt.

Die Organisatoren der Proteste gehen davon aus, dass die Bundesregierung ab Anfang Juni durch Grenzkontrollen versuchen wird, die Einreise von ausländischen Demonstranten gegen den G-8-Gipfel zu verhindern. Dazu müsste die Bundesregierung das Schengener Abkommen, das den unkontrollierten Grenzübertritt innerhalb der EU-Mitgliedstaaten ermöglicht, außer Kraft setzen.

Monty Schädel, Koordinator des Rostocker Bündnisses, organisiert die zentrale Großdemonstration am 2. Juni. Er rechnet damit, dass von der Polizei Meldeauflagen gegen potenzielle Störer des Gipfels erlassen werden. Das heißt: Die Betroffenen müssen während des Gipfels täglich persönlich bei einer Polizeiwache ihres Heimatortes erscheinen. Aus Sicht des Globalisierungskritikers ein “Eingriff in das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit”. Mit solchen Meldeauflagen hatte die Berliner Polizei bereits vor sechs Jahren die Teilnahme einiger Linker am G-8-Gipfel in Genua verhindert. Die für den G-8-Gipfel zuständige Polizei-Sondereinheit Kavala wollte sich zu möglichen Meldeauflagen gestern nicht äußern.

Einen Vorgeschmack auf die Proteste bekam die Polizei bereits zu Ostern: Über eine Länge von 50 Metern und drei Stockwerke hatten Gipfelgegner “No G 8″ auf die Fassade eines leer stehenden Ferienheims an der Ostsee gemalt. Anschließend “bedankte” sich eine Gruppe “Ostermaler” in einem Bezichtigungsschreiben bei den Sicherheitsbehörden dafür, dass man “völlig ungestört über drei Stunden seinen künstlerischen Neigungen” habe nachgehen können. Peinlich für die Polizei: Die Aktion fand quasi unter den Augen der Beamten statt - in Sichtweite des G-8-Tagungshotels Kempinski in Heiligendamm.

taz vom 13.4.2007, S. 5, 101 Z. (TAZ-Bericht), TIEMO RINK

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