Den G8 Gipfel wegpusten!

Vom 6. - 8. Juni 2007 werden in Mecklenburg-Vorpommern die führenden Vertreter der sieben reichsten Industrieländer und Russlands zum so genannten G8-Gipfel zusammenkommen. Schon seit über einem Jahr laufen die Vorbereitungen zu den Gegenaktivitäten. Von linksradikalen und linken Gruppen über Gewerkschaftsmitglieder und NGOs bis hin zu kirchlichen Gruppen wollen Menschen ihren Protest kundtun und/oder den G8 Gipfel blockieren bzw. verhindern. Nach eigenen optimistischen Einschätzungen wird die Anzahl der GegnerInnen in die hunderttausende gehen. Seit längerem bereiten sich die Behörden auf den Gipfel vor: Eine Armee von über 20.000 (!) PolizistInnen wird in Rostock und Umgebung erwartet, um die Proteste zu kontrollieren und zu zerschlagen. Direkt um Heiligendamm wird es zur totalen Aushebelung der Demonstrations- und Bewegungsfreiheit kommen: Ein 13 km langer und 2,5 m hoher Zaun um die so genannte "rote Zone", sowie Auflärungsflieger der Luftwaffe und Kriegsschiffe der Bundesmarine sollen dieses Vorhaben sichern.

G8? Lets get to the point!
Das Treffen der G8 steht heute mehr denn je für eine Politik ausbeuterischer, kriegerischer und umweltzerstörender kapitalistischer Globalisierung und autoritärer Umstrukturierung, bei gleichzeitigem Abbau von Sozial- und Freiheitsrechten in der ganzen Welt. Aber so wie die G8 als Macht-Knotenpunkt internationaler Hierarchien nur symbolisch für diese Entwicklung stehen, sind die G8 nicht der Grund des Übels dieser Welt.
Der Kapitalismus war immer schon ein auf Ausdehnung angelegtes Prinzip. Wenn sich heute der Kapitalismus bis in die letzen Winkel der Erde ausdehnt und sich die ganze Welt zum Untertan macht, ist das ein ihm im Besonderen und der Herrschaft im Allgemeinen innewohnendes Prinzip. Wenn also eine Handvoll von StaatenführerInnen in diesem Prozess nach Verbesserung und Globalisierung kapitalistischer Abläufe und Räume suchen, ist das gar nicht so verwunderlich - denn das ist ihre Funktion. Und wenn in Folge dessen Menschen und Umwelt verschärft ausgebeutet werden, vermehrt Kriege geführt und Freiheiten zunehmend beschnitten werden, sollte das ebenfalls nicht verwundern. Denn genauso wenig wie es im Kapitalismus Gerechtigkeit gibt, so sicher ist eine libertäre Gesellschaft nur ohne Herrschaft denkbar...
Was den Gehalt der G8-Gipfel angeht, so sind sie eher symbolischer Natur: Ein riesiges Medienspektakel. Zum einen, da viele der dort verabschiedeten Beschlüsse bereits in unzähligen Verhandlungen vor und nach den eigentlichen Gipfeltreffen getroffen werden. Zum anderen weil diese "Macht" der G8 keine Allmacht ist. Diese Macht bewegt und erschöpft sich im Rahmen des globalen kapitalistisch-herrschaftlichen Systems.
Dennoch: Die G8 sind zumindest die Mitverursacher der globalen Verelendung und Krisen, deren vermeintliche "Lösungen" sie den Menschen anschließend präsentieren. Die G8-StaatenführerInnen werden für uns als AnarchistInnen schon aufgrund ihrer Funktion zum Angriffspunkt: Sie repräsentieren als G8 den Versuch staatliche Autorität der reichsten Länder zu vernetzen und zu koordinieren, mit dem Ziel gemeinsame politische und wirtschaftliche Richtlinien zu finden. Regierungen aber werden immer ihre Macht nutzen und Bullen oder Militär gegen jedes fortschrittliche Bemühen einsetzen, dass sich aus den beschissenen Verhältnissen befreien will. Also auch und insbesondere gegen Antiautoritäre. Denn uns ist im Grunde an nichts anderem gelegen, als an einer Welt in der wir selbstbestimmt leben können - und das ist ganz sicher eine Welt ohne Staatlichkeit und FührerInnen.

On the long run to revolution!
Da es mehr denn je nötig ist, sich global zu vernetzen und auszutauschen, um den globalen Kapitalismus irgendwann doch noch zum Einsturz zu bringen, und weil es ohne Gerechtigkeit keinen Frieden geben kann, rufen wir dazu auf, den G8 Gipfel zum Desaster zu machen!

Auch anarchistische Politik kommt bis heute nicht gänzlich ohne Symbolik aus: Großereignisse wie die Gipfelproteste bieten die hervorragende Möglichkeit, den Verhältnissen einen symbolischen und zugleich konkreten - weil schmerzhaften und breit kommunizierbaren - Schlag zu versetzen. Sie bieten die Möglichkeit, Keile in die Risse der sonst so glatt und widerspruchslos wirkenden Welt zu schlagen - eine Welt, die in Wahrheit nicht glatt, sondern von tiefen Rissen durchzogen ist: Risse u.a. in Form von Klassen und Grenzen.
Da eine revolutionäre Situation wahrscheinlich weder ausschließlich in den linksradikalen Alltagskämpfen, noch ausschließlich in Großereignissen zu erzeugen sein wird, denken wir, dass wohl vorerst eine Mischung aus beidem die Handlungsperspektive für alle bleibt, die dem Kapitalismus nicht das letzte Wort in der Geschichte überlassen wollen. Sorgen wir für unser eigenes Spektakel! Dem Kapitalismus den Kampf ansagen - für eine herrschaftsfreie Welt!

NoG8 Gruppe Kiel (nog8-kiel [at] web.de)
Part of "Dissent (plus x) - Network of Resistance"

(Oktober 2006)