Beim G8-Gipfel: Furcht vor Terroranschlägen

Aachener Zeitung 24. März 2007

Heiligendamm. Die deutschen Geheimdienste befürchten zum bevorstehenden G8-Gipfel in Heiligendamm an der Ostsee Anschläge von Islamisten. «Wir haben aktuelle Drohungen aus der gefährlichen Szene erhalten, die uns große Sorgen machen», sagte ein Geheimdienstler am Wochenende der Nachrichtenagentur ddp. In dem Ostseebad bei Rostock treffen sich vom 6. bis 8. Juni die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands. Zu ihrem Schutz werden auf der Ostsee deutsche und US-Kriegsschiffe auffahren, «Awacs»-Aufklärungsmaschinen der Nato werden den Luftraum überwachen, und es wird ein riesiges Aufgebot von 12.000 Polizisten geben. Die Polizei spricht vom größten Einsatz aller Zeiten in Deutschland.

An die 100.000 Demonstranten unterschiedlicher politischer Lager werden erwartet, was zusätzlich für Brisanz sorgt. Der Chef der Landespolizei in Schleswig-Holstein, Wolfgang Pistol, sagte, der G8-Gipfel mache einen «einmalig großen und schwierigen Einsatz erforderlich». Das Aufgebot an Polizisten werde alle bisherigen Dimensionen übertreffen und deutlich größer sein als bei der Fußball-WM im vergangenen Jahr.

Die deutsche Marine wird mit einer Fregatte von See her das streng abgeschirmte Tagungshotel schützen. Auch zwei US-Kriegsschiffe, die an einem internationalen Manöver in der Ostsee teilnehmen, werden die seeseitige Absicherung des Treffens übernehmen. Auf allen Schiffen sind Kampfschwimmer stationiert, war zu erfahren. Auf der Seite der Bundespolizei steht die Anti-Terror-Einheit GSG 9 bereit. Im neuen «Maritimen Sicherheitszentrum» (MSZ) in Cuxhaven, in dem die deutschen Küstenländer vernetzt sind, überwachen Experten das Gesamtgeschehen. Sie können sofort effektiv die notwendigen operativen Maßnahmen zur Abwehr eines terroristischen Angriffs auf See einleiten.

Sollte sich ein Flugzeug mit unbekannter Nationalität im deutschen Luftraum zeigen, können Phantom-Abfangjäger der Bundeswehr in wenigen Minuten aufsteigen und die Maschine abdrängen. Die Jets sind auf den Fliegerhorsten im ostfriesischen Wittmund und im bayerischen Neuburg an der Donau stationiert.

Schon im Vorfeld der Konferenz haben sich nach Angaben der Polizei bisher 72 Straftaten, darunter 18 Brandanschläge, von Globalisierungsgegnern ereignet. Sie richteten sich gegen Politiker, Firmen und Konzernbosse. Der Präsident des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, rechnet damit, dass weitere Anschläge auf Institutionen und Personen verübt werden, die für das Thema Globalisierung stehen.

Am Samstag stellte Fromm in der «Berliner Zeitung» zugleich klar, dass es «bisher keine Anhaltspunkte für einen möglichen Anschlag» gebe. Das Spektrum der Gegner des Gipfeltreffens in Heiligendamm reicht von kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen, über Natur- und Umweltschützer, entwicklungspolitisch und sozial orientierte Organisationen bis zu den autonomen Linken, den Rechtsextremen, der Linkspartei und der rechtsextremen NPD. An die 100.000 Demonstranten werden erwartet.

Schon am 2. Juni soll es in Rostock die große Auftaktdemonstration geben. Zum 5. Juni rufen die G8-Gegner zum «Aktionstag gegen Militarismus und Krieg» und zur Blockade des Militärflughafens Rostock-Laage auf, wo die Teilnehmer des internationalen Treffens ankommen werden. Zu Beginn der Konferenz am 6. Juni soll es Massenblockaden der Zufahrtswege nach Heiligendamm geben. Im Protestaufruf von Greenpeace heißt es: «Als selbsternannte Weltregierung wollen die G8-Chefs über die Zukunftsfragen für die gesamte Menschheit entscheiden».

Heiligendamm wird gegenwärtig zu einer Art Festung ausgebaut. Um den Tagungsort wird im weiten Bogen für 13 Millionen Euro ein 15 Kilometer langer Zaun mit einer Höhe von 2,50 Meter errichtet. Zusätzlich wird die Sperranlage durch Videokameras und Bewegungsmelder gesichert. Seit über 20 Jahren sind G8-Gipfel immer wieder Angriffsziele von Demonstranten aus aller Welt. Im italienischen Genua war es 2001 am schlimmsten. Bei Straßenschlachten wurde einer der Demonstrierenden getötet.

| 24.03.2007, 17:08