EU-FEST IN BERLIN: Autonome wollen für G-8-Gipfel proben

SPIEGEL ONLINE - 23. März 2007
Beim 50. Geburtstagsfest der EU in Berlin sollen Tausende Beamte die angereisten Staatschefs schützen. Vor allem kleine Gruppen aus der autonomen Szene machen den Behörden Sorgen. In der Szene hat es Aufrufe gegeben, das Wochenende zum “Warmlaufen” vor dem EU-Gipfel in Heiligendamm zu nutzen.

Hamburg - Die gesamte europäische Polit-Prominenz ist am Wochenende in Berlin versammelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat als Ratspräsidentin alle Regierungschefs der Gemeinschaft zum Festakt in die deutsche Hauptstadt geladen. Eine große Gefährdungslage. Es gilt die höchste Sicherheitsstufe.

Auf dem Plan stehen ein Besuch bei Bundespräsident Horst Köhler im Schloss Bellevue, ein Gruppenfoto am Brandenburger Tor, eine Feier im Deutschen Historischen Museum und ein Essen im Hotel de Rome. Die Politiker wollen die im vergangenen halben Jahrhundert erreichte Annäherung und Gemeinsamkeit feiern.
Am Sonntag dann werden die Staats- und Regierungschefs einen Pakt auf die Zukunft schließen: Bei ihrem Sondergipfel wollen sie sich feierlich darauf verpflichten, die Union bis 2009 auf “eine erneuerte gemeinsame Grundlage” zu stellen. So der Inhalt der “Berliner Erklärung”.

Während die ausländischen Gäste feiern, zieht am Sonntag ab 14 Uhr eine Demonstration gegen das “Europa des Kapitals” durch die Berliner Straßen. Ein Bündnis aus Gewerkschaftern, Friedensaktivisten und Globalisierungskritikern. Die Veranstalter rechnen mit zehntausend Menschen.

Die erlaubte Strecke führt vom Alexanderplatz zur Friedrichstraße bis zur Brücke über die Spree. Verbotenes Terrain sind der weitere Verlauf der Friedrichstraße und die Straße Unter den Linden in voller Länge. Dagegen hat das Bündnis heute einen Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht gestellt - und wurde abgewiesen. Der Wunsch, näher am Europafest zu protestieren: abgelehnt.

2500 Polizisten sind am Samstag im Einsatz, 4000 aus dem gesamten Bundesgebiet am Sonntag. “Wir rechnen nicht mit größeren Ausschreitungen”, sagt Polizeisprecherin Miriam Tauchmann. Aber ausschließen will sie nichts. “Natürlich beobachten wir genau, was in der linken Szene geschieht und sind auf alles vorbereitet.” Möglich ist, dass gewaltbereite Autonome versuchen werden, den friedlichen Protest der Demonstranten in Straßenschlachten mit der Polizei ausarten zu lassen.

Linke Militante haben nach Erkenntnissen des Berliner Verfassungsschutzes in den vergangenen Wochen zu einem “Warming Up” vor dem Gipfel im Juni in Heiligendamm aufgerufen. In Berlin soll demnach schonmal der Krawall geübt werden. Seit zwei Jahren verüben Extremisten der “militanten Gruppe” immer wieder Brandanschläge gegen Firmenwagen oder Unternehmen - allein in der Region Berlin-Brandenburg acht Mal. Regelmäßig verweisen die Täter in Bekennerschreiben auf den G-8-Gipfel.

Dennoch hofft die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, dass das Wochenende glimpflich abläuft. “Die linksextremistische Szene ist zerstritten,” erklärt sie gegenüber SPIEGEL ONLINE. “Diese Konflikte schränken die Mobilisierungsfähigkeit linksextremistischer Gruppierungen ein.” Zudem habe die Polizei mit ihrer Taktik der massiven, allgegenwärtigen Präsenz schon bei den vergangenen Maifeiertagen den Aktionsradius gewaltbereiter Gruppen stark eingeschränkt.

Ein Risiko bleibt nach den Recherchen der Verfassungsschützer allerdings: Kleinere linksextremstische Gruppen könnten versuchen, auf eigene Faust militante Aktionen zu starten.

Von Lisa Erdmann

, 18:32