Polizei putzt Klinken in Heiligendamm

Ostsee Zeitung 21. März 2007

Zum G8-Gipfel wird ein ganzer Ort eingezäunt. Da ist eine Menge Aufklärungsarbeit bei den Anwohnern nötig.

Heiligendamm (OZ) „Nicht erschrecken, die Polizei ist da!“, ruft Dieter Schönrock vorsichtig in den Garten hinter einer Villa in Heiligendamm. Einen kleinen Schreck hat Melitta Hüniken (72) aber trotzdem bekommen, als der Beamte in Zivil und die junge Polizistin in Uniform auf ihr Grundstück kamen. Doch schnell klärt sich: Eigentlich will die Polizei nur alle persönlichen Daten und eine Unterschrift.

291 Menschen wohnen zurzeit in Heiligendamm (Landkreis Bad Doberan), und alle bekommen in diesen Tagen persönlich Besuch von den Polizisten. Beim G8-Gipfel Anfang Juni, dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) in Heiligendamm, gelten höchste Sicherheitsstufen. Jeder Einwohner und jeder Gast soll einen speziellen Ausweis für die Dauer des Treffens erhalten, damit er seine Wohnung im Örtchen erreichen kann, das ab dem 30. Mai für die Dauer des Gipfels von der Außenwelt abgeriegelt sein wird.

„Was das wohl alles wird.“ Melitta Hüniken seufzt. Sie lässt ihre Daten aufnehmen und unterschreibt, dass alles elektronisch verarbeitet werden darf. „Wir brauchen noch ein Foto für den Ausweis von Ihnen“, sagt die Polizistin Dörte Albrecht. Das soll extra in Heiligendamm von Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) angefertigt werden. Wo, sei aber noch nicht klar: „Da kriegen Sie noch Bescheid.“

Nur an zwei Kontrollpunkten soll später der Zaun durchlässig sein, der dann das Seebad von der Außenwelt abschirmt. Gerade werden 21 000 Quadratmeter Fläche an der Galopprennbahn Bad Doberan als Personen-Kontrollpunkt hergerichtet. Mit schwerem Gerät bearbeiten Baufirmen das Gelände, das von der Straße hinter dem hohen Stahlzaun wie ein Hochsicherheitstrakt wirkt. Die Heiligendammer können dort während des G8-Treffens ihre Autos parken und Shuttle-Busse benutzen. Die Kosten für die Bauarbeiten an den Kontrollpunkten seien in den Kosten von zwölf Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen – inklusive Zaun – enthalten, sagt Polizeisprecher Axel Falkenberg.

„Das Auto werden wir hoffentlich im Juni gar nicht brauchen.“ Für Frau Hüniken scheint das alles zuviel Aufwand zu sein. Was denn mit ihrem Lebensgefährten sei, der pflegebedürftig und bettlägerig ist, fragt sie noch: „Braucht er auch einen Ausweis?“ Und wird der Pflegedienst durchgelassen? Was, wenn plötzlich ein Krankentransport benötigt wird?

„Viele Menschen haben solche Fragen, wir klären auf, verteilen Flyer und verweisen auf das Bürgertelefon“, sagt die Polizistin. Pflegedienst und Rettungskräfte würden natürlich auch Ausweise erhalten, versichert sie der 72-Jährigen.
Bis Freitag soll die Einzelbefragung abgeschlossen sein, haben sich die Beamten vorgenommen. Kein ganz einfaches Unterfangen: Der Ort ist klein, aber verwinkelt. Gar nicht so leicht, alle Häuser zu finden – und alle Einwohner anzutreffen. Polizistin Arnold und zuckt die Schultern: „Wenn keiner da ist, müssen wir eben wieder kommen.“ Man werde schon alle kriegen.

Bürgertelefon: 0180 / 501 07 66

NICK VOGLER