Extremisten proben für G8

Ostsee Zeitung 6. März 2007

Deutsche Autonome liefen sich bei Krawallen in Dänemark warm. Auch Rechtsextreme formieren sich vor dem Gipfel.

Heiligendamm/Berlin (ddp) Die deutschen Geheimdienste sehen in den Kopenhagener Krawallen der letzten Woche den Auftakt für Attacken auf den G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm. An den Ausschreitungen in Dänemark waren nach Feststellung der Polizei auch zahlreiche „führende Autonome“ aus Deutschland beteiligt. Anlass für die Straßenschlachten war die Räumung eines von Anarchisten besetzten Jugendzentrums in der dänischen Hauptstadt. Bei den Auseinandersetzungen hätten die deutschen Autonomen für ihre gewalttätigen Auftritte in Heiligendamm bereits „geübt“, war gestern aus Sicherheitskreisen in Berlin zu erfahren. In dem Ostseebad treffen sich vom 6. bis zum 8. Juni die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands.

„Für Heiligendamm braut sich eine gefährliche Mischung von Gewalttätern zusammen“, war aus Kreisen des Bundesverfassungsschutzes zu hören. Es wird befürchtet, dass sich im „Schlepptau“ der Autonomen der linken Szene auch Rechtsextremisten und Islamisten befinden könnten. Schon im Vorfeld des Gipfels wird mit Anschlägen vorwiegend im norddeutschen Raum, in Hamburg und in Berlin gerechnet. Bislang hat es bereits 16 gefährliche Attacken auf Politiker und Brandanschläge auf Gebäude sowie Autos gegeben. Die Verfassungsschützer rechnen mit einer „großen Zahl weiterer Anschläge, bevor das Gipfeltreffen überhaupt beginnt“.
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, wies darauf hin, dass auf Internet-Seiten der Anti-G-8-Aktivisten seit geraumer Zeit über illegale Aktionsformen diskutiert wird. Gefährdet sei alles, was einen Bezug zur Globalisierung habe, internationale Konzerne und staatliche Institutionen. In Gesprächsforen tauschen Rechtsextreme aus dem Umfeld der gewaltbereiten und neonazistischen „Freien Kameradschaften“ ihre Gedanken aus, wie sie sich „gegen die G8-Gipfel-Teilnehmer engagieren können“.
Unter der Parole „G8 2007 rocken“ rufen sie zu Protesten auf. Die Neonazis wollen sich in die geplanten Ausschreitungen der Autonomen einreihen. „Wir haben mit den Linken das gemeinsame Ziel, den G8-Gipfel zu zerschlagen“, heißt es in einem rechtsextremen Internet-Forum. Es ist von einer „Querfrontstrategie“ die Rede.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz und Berliner Innensenators Ehrhart Körting (SPD) ist die Sicherheit während der G8-Zusammenkunft stärker gefährdet als bei der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr. Es sei damit zu rechnen, dass zur Konferenz in Heiligendamm eine „Vielzahl an Störern“ anreist. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, sieht auch die Gefahr terroristischer Anschläge. „Das ist ein Ereignis, das für islamistische Extremisten interessant sein könnte“, ließ Ziercke wissen. Die Polizei bereitet sich in Heiligendamm auf den größten Einsatz vor, den Deutschland je erlebt hat. 10 000 Polizisten sollen aufgeboten werden.

In Kopenhagen hat gestern vier Tage nach der umstrittenen Räumung des Jugendzentrums der Abriss des Gebäudes begonnen. Zahlreiche aufgebrachte Jugendliche protestierten gegen die Arbeiten und beschimpften die Polizei. Die Abrissarbeiten standen unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen.
FRIEDRICH KUHN