Dokumentiert. Nein zu G8 – Gewerkschaften auf die globale Bühne

junge welt 5. März 2007

Wir dokumentieren an dieser Stelle Auszüge aus einem u.a. von Horst Schmitthenner (IG Metall), Sibylle Stamm (ver.di), Wilhelm Haberzettl (Europäische Transportarbeiter Föderation, Österreich), Annick Coupé (SOLIDAIRES, Frankreich) und Peter Waterman (Global Labour Charter Movement, Niederlande) unterstützten Aufruf gegen den G-8-Gipfel

Als Gewerkschafter aus vielen Ländern sind wir Teil des Protestes gegen den G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm. Wie keine andere internationale Institution sind diese jährlichen Gipfeltreffen Symbol der weltweiten neoliberalen Dominanz. Weltwirtschaftsgipfel dienen der globalen Koordination und der Machtaufteilung. Damit stabilisieren sie die neoliberale Weltwirtschaftsordnung mit ihren immer schlimmeren Folgen für die Mehrheit der Menschen. Eine elitäre Minderheit eignet sich dabei den Reichtum an, den Millionen Menschen produzieren. Wir unterstützen den Protest gegen imperiale Machtstrategien und Kriege, gegen den Raubbau an der Natur und den immer bedrohlicher werdenden Klimawandel. Entgegen seiner Verheißungen treibt der globale Kapitalismus die Menschheit in die Existenzkrise. Ohne Frieden ist alles nichts. Und ohne Antwort auf die drohende Klimakatastrophe ist alles nichts.

Die Globalisierung von Kapital- und Arbeitsmärkten hat die Beschäftigten weltweit in Konkurrenz zueinander gebracht. Skrupellos werden die Belegschaften einzelner Länder, Branchen und Standorte gegeneinander ausgespielt – in einem Dumpingwettbewerb um Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen, Löhne und Menschenwürde. Als Gewerkschafter fordern wir daher:

  • Die Kernarbeitsnormen sind ein Menschenrecht und müssen als Mindeststandards durchgesetzt werden.

    (…) Produktivitätsfortschritte müssen über Arbeitszeitverkürzungen zum gesellschaftlichen Fortschritt werden: Die 30-Stunden-Woche ist das Ziel, die 40 Stunden-Woche muß weltweit gesetzliche Höchstarbeitszeit werden.

  • Mindestlöhne, die es in einigen Ländern, wenn auch unzureichend, schon gibt, müssen zu weltweiten Mindeststandards werden. Mit jeweils 60 Prozent des nationalen Durchschnittlohns müssen sie globale Gültigkeit entfalten.
  • Systeme der öffentlichen Daseinsvorsorge und Zukunftssicherungmüssen aufgebaut bzw. vor Privatisierung und Kommerzialisierung geschützt werden. Gesundheit, Bildung, öffentliche Sicherheit und die natürlichen Lebensgrundlagen dürfen nicht zu Waren werden.

    (…) Das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit hat sich im Zuge der Globalisierung dramatisch zugunsten des Kapitals verschoben. Globale Finanzmärkte und grenzüberschreitend agierende Unternehmen verfügen inzwischen über ein gigantisches Erpressungspotential gegenüber Nationalstaaten (Steuer- und Umweltdumping, Deregulierung der Arbeitsmärkte) und gegenüber nur nationalstaatlich agierenden Gewerkschaften. Aus dieser historischen Defensive müssen wir herauskommen, indem wir uns dem Kapital an die Fersen heften, Sprachschwierigkeiten und wechselseitige Unkenntnis überwinden und das Gemeinsame in unseren Interessen erkennen, grenzüberschreitend auf allen gewerkschaftlichen Ebenen zusammenarbeiten und zu Protesten und Widerstand zusammenfinden, wie bei der Streikdemonstration gegen die Bolkesteinrichtlinie, wie bei den internationalen Streiks der Hafenarbeiter und Seeleute und wie jetzt im Juni 2007 gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm.