Text Repression und Widerstand zu G8

100 Jahre Weltmachtstreben

Deutsche Mitteleuropakonzepte vom Kaiserreich bis Joschka Fischer

Die sogenannte "europäische Einigung" ist eine der heiligen Kühe bundesdeutscher Ideologie. Sie und ihre Intentionen zu hinterfragen, fiele keinem Journalisten ein. Um so mehr erschütterte die abweichende, pro-US-amerikanische Erklärung für einen Irakkrieg von acht EU-Mitgliedsstaaten und -Anwärtern, darunter Großbritannien, Italien und Spanien. Am 6. Februar 2003 legten die östlichen Beitrittskandidaten mit einer Erklärung identischen Inhalts nach. Die angestrebte "gemeinsame europäische Außenpolitik" wurde dadurch nachhaltig in Frage gestellt, nachdem man sich gerade mit Müh' und Not mit der britischen und spanischen Kriegsbegeisterung abgefunden hatte.

Entsprechend harsch fiel die Kritik aus dem selbsternannten Zentrum Europas aus. Der französische Präsident Jacques Chirac wies seine Kritiker in einem in der Öffentlichkeit bis dato unvorstellbaren Ton zurecht: "Ich glaube, daß sie eine gute Chance verpaßt haben, den Mund zu halten. (...) Sie haben meines Erachtens zu lässig gehandelt, denn der Beitritt zur Europäischen Union erfordert ein Minimum an Verständnis für die anderen." Weiter sprach Chirac von mangelnden Manieren und fehlendem Verantwortungsgefühl.1 Der Stachel sitzt tief, die Führungsmächte der EU fühlen sich bei ihrem Treiben empfindlich gestört. Der Eklat macht schlaglichtartig deutlich, wie die Kräfteverhältnisse in der EU liegen und wie offensiv sie mittlerweile vorgetragen werden. Als wäre es ganz selbstverständlich, wird die Unterordnung unter die deutsch-französische Führung erwartet.

[ weiter lesen ]


Deutsche Expansionspolitik:

Fischers Großraumpolitik weckt im Ausland böse Erinnerungen

Außenminister Fischers öffentlich geäußerte "Vision" des zukünftigen Europa hat zu heftiger Kritik v.a. in Frankreich (Chirac: "eitles Unterfangen", NZZ 31.5.00) und Großbritannien geführt, die zum Ausdruck bringt, wie groß noch immer das Mißtrauen ist, wenn ein deutscher Politiker vom Auflösen bestehender Grenzen und Staaten zur Schaffung eines geeinten Kerneuropas fabuliert.

In seiner Rede vom 12. Mai bewertete Fischer die bisherigen Stufen der "europäischen Einigung" und sann über weiterreichende Schritte nach. Die Erweiterung der EU, und hier werden die Interessen benannt, von denen Journalisten und Politiker später behaupten werden, sie seien nie und nimmer die Triebkraft der deutschen Politik gewesen, liege "gerade für Deutschland im obersten nationalen Interesse". Auch "Deutschlands Dimension und Mittellage" wird einmal mehr bemüht. "Gerade die deutsche Wirtschaft wird von der Erweiterung einen hohen Gewinn für Unternehmen und Beschäftigung davontragen." Fischers Vision sieht deutschen Gewinn vor, woraus im Umkehrschluß zu folgern ist: Für andere wird das Betriebsergebnis nicht ganz so sonnig ausfallen.

[ weiter lesen ]

für weitere lokale Infos zu Hamburg, siehe: www.bewegungsmelder.org

» dissent-archive