G 8 - Gipfel 2007 in Heiligendamm aus Neuroticker

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G 8 - Gipfel 2007 in Heiligendamm

Intro aus: neuroticker 6/ 2006, Jule

Die Gruppe der Acht (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Russland und die USA) vereint die acht führenden Industrienationen der Welt. Konstituiert im Jahr 1975 als Gruppe der Sechs (noch ohne Kanada und Russland), stellt die G 8 kein legitimiertes internationales Gremium dar, sondern dient dem „zwanglosen“ Austausch der jeweiligen Staatschefs über Finanz- und Währungsfragen und in jüngster Zeit auch über wichtige außenpolitische Themen. Zentrale Gründe für die Konstitution des Gremiums waren der Zusammenbruch des so genannten „Bretton Woods“-Wechselkurssystems und der damit verbundenen Krise der US-Währung sowie die erste große Ölkrise 1973. Es muss davon ausgegangen werden, dass die G 8 ein wirkungsmächtiger „Think-Tank“ ist, in dem zwar keine gültigen Beschlüsse gefällt werden, aber Positionen der Mitglieder debattiert und abgeglichen werden. Vollkommen intransparent bleibt, was auf den jährlichen Gipfeltreffen besprochen wird. Jedes der G-8-Mitgliedsstaaten hat nach dem Rotationsprinzip einmal den Vorsitz und ist damit Gastgeber des Gipfeltreffens. Nach Russland (St. Petersburg, Juli 2006) ist im Frühsommer 2007 nun Deutschland dran. Die Ortswahl fiel auf das Ostsee-Kaff Heiligendamm bei Bad Doberan. Das dortige Kempinski Grand Hotel Resort Heiligendamm wird der Kristallisationspunkt des Treffens sein. Bereits jetzt beginnt in dem wenige hundert Einwohner zählenden Ostseebad eine kleine Privatisierungswelle: verschiedene Gelände sind bereits verkauft, und auch einen Strandradweg plant sich das Hotel-Unternehmen noch einzuverleiben.

In linken Szenen und sozialen Bewegungen hat die Vorbereitung für Gegenaktivitäten begonnen. Natürlich auch mit einer inhaltlichen Motivation: die G 8-Staaten stellen die Speerspitze einer globalen kapitalistischen Ausbeutungspolitik dar. Während sie nur 13,5 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, erwirtschaften sie zwei Drittel des Welt-Bruttonationaleinkommens. Dies ist natürlich an sich kein Verbrechen. Doch mit dieser Wirtschaftstärke übernehmen sie zentrale Verantwortung für den reibungslosen Ablauf des kapitalistischen Systems, für die Ausbeutung der armen Staaten und ihrer EinwohnerInnen und der natürlichen Ressourcen. Die linke Kritik an der G 8 und die daraus erwachsende Forderung ist so vielfältig wie widersprüchlich. Es handelt sich auf keinen Fall um eine homogene Bewegung. Vom Kirchen-, Öko-, Parteien- bis hin zum linksradikalen Spektrum reicht die Palette; auch rechte Zusammenhänge kritisieren die G 8. Letztere vereint mit einigen linken Gruppen ein handfester ideologischer Anti-Amerikanismus, der die USA als zentral Verantwortliche für die globale soziale Misere hinstellt und anprangert. Wird Israel als US-amerikanisches Protektorat in diese verkürzte Kritik eingeflochten, entsteht daraus ein handfester und unbedingt zurückzuweisender Antisemitismus. Wie erwähnt, ist die globalisierungskritische Bewegung nicht gleichgeschaltet – mit zahlreichen Gruppen lohnt es sich inhaltlich zu beschäftigen. Ein in dieser Hinsicht wichtiges Netzwerk ist die Gruppe Gipfelsoli aus Berlin, die zurzeit durch zahlreiche europäische Städte tourt, um einen ersten Überblick über die Vorbereitungen in und um Heiligendamm und über verschiedene linke Aktionszusammenhänge und deren inhaltliche Kritik und Formen zu geben. Ein Blick auf deren Website www.gipfelsoli.org lohnt sich, wie auch die Herausforderung einer klaren Position der Linkspartei. Steht diese programmatisch gegen die neoliberale und undemokratische G 8-Politik ein, scheiden sich gerade in der mecklenburg-vorpommerschen Partei die Geister in Bezug auf den Gipfel. Die Rolle der Linkspartei als Bestandteil der Landesregierung lässt da noch einiges „Spannendes“ erwarten.

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