19./20. Mai '07: 3. Europäische Tagung zur Saatgut-Erhaltung
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Für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt als Gemeingut
3. Europäisches Seminar vom 19. bis 20. Mai in Halle/Saale BRD
In Europa sind 80% der Kulturpflanzen im letzten Jahrhundert verschwunden, aber erst seit wenigen Jahren sind in verschiedenen Ländern Initiativen entstanden, um diese Entwicklung aufzuhalten. Weltweit ist das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität gewachsen, aber es gibt in der Auseinandersetzung darüber zwei völlig konträre Interessengruppen: Einerseits kämpfen Bauern und Bäuerinnen auf allen Kontinenten um das Recht, ihr traditionelles Saatgut erhalten und aussäen zu können. Auf der anderen Seite versuchen die Saatgutkonzerne die Vielfalt der Pflanzen unter ihre Kontrolle zu bringen, um Monopole auf dem Saatgutmarkt zu erobern. Mit dem 3. Europäischen Seminar wollen wir die europäische Zusammenarbeit für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt als Gemeingut verstärken. Die beiden ersten Seminare (Poitiers in Frankreich 2005 und Bullas in Spanien 2006) kamen auf Initiative des französischen Netzwerkes für bäuerliches Saatgut, dem „réseau de semences paysannes“ bzw. „Red de Semillas Resembrando e Intercambiando“ in Spanien zustande. Sie haben einen regen Austausch zwischen den Organisationen der süd- und westeuropäischen Länder ermöglicht.
Für die Vorbereitung des Seminars haben sich drei Organisationen zusammengeschlossen:
- Die „BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie“
- die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit
- das Europäische BürgerInnen Forum.
Mit dem dritten Saatgut-Seminar ist die Hoffnung verbunden, Organisationen aus Ost- und Nordeuropa in das Netzwerk einzubeziehen. Es richtet sich in erster Linie an Erhalter und Nutzer alter Kulturpflanzen und Initiativen zur Verteidigung des bäuerlichen Rechts, Saatgut zu gewinnen. Der Beschluss, das Seminar in Deutschland abzuhalten, kam zustande, nachdem die deutsche Genbank für Kulturpflanzen, das Leipnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben, im vergangenen Jahr gentechnisch veränderten Weizen ausgesät hat. Diese Tatsache beeinflusst direkt die Arbeit aller Initiativen, die sich mit der Erhaltung bäuerlichen Saatgutes auseinandersetzen und bedarf einer gemeinsamen Reaktion.
Als öffentliche Stiftung hat die Genbank den Auftrag, die Kulturpflanzenvielfalt zu erhalten, zu konservieren und jedermann zur Verfügung zu stellen. Die IPK in Gatersleben beherbergt eine der grössten Sammlungen Europas und war bisher ein wichtiger Partner für alle, die ländliche Sorten erhalten und nutzen wollen. Seit einigen Jahren hat das IPK eine Zusammenarbeit mit großen Saatgut- und Biotechnologiebetrieben begonnen unter anderem mit dem Chemiekonzern BASF.
Wenn heute in der direkten Umgebung der Genbank mit gentechnisch veränderten Pflanzen experimentiert wird, besteht offensichtlich das Risiko, dass alte Sorten kontaminiert werden. Die Genbank erfüllt dadurch ihre eigentliche Aufgabe der sicheren Erhaltung nicht mehr sondern setzt die eingelagerten genetischen Ressourcen der Privatisierung durch Saatgutkonzerne aus.
Besonders die Versuche mit Weizen haben breite Proteste ausgelöst, da er auf Grund einer 10.000-jahrelangen Auslese eine besondere Bedeutung in unserer Kultur als Grundnahrungsmittel hat.
Daraus ergeben sich drei Fragenkomplexe für dieses Seminar:
1. Die Situation in den verschiedenen Ländern bezüglich der Saatguterhaltung in Genbanken: Öffentliche Zugänglichkeit, tatsächliche Praxis und Sicherung der Gentechnikfreiheit. Müssen wir die Aufgabe der Genbanken in Eigeninitiativen übernehmen?
2. Die Situation in den verschiedenen Ländern bezüglich der Erhaltung und Rekultivierung von Kulturpflanzen in Garten und Feld – Beispiele für eine Erhaltung durch Nutzung. Gesetzliche Behinderungen und Prozesse gegen Saatguterzeuger (s. Frankreich) wegen Verbreitung „Illegaler Sorten“.
3. Die besondere Bedeutung des Weizens und die aktuelle Gefährdung der Vielfalt seiner genetischen Grundlagen.
Wir möchten in diese Diskussion auch Fachleute aus anderen Teilen der Welt, z.B. dem Irak einbeziehen, wo zur Zeit eine eklatante Plünderung der einheimischen Kulturpflanzen erleben, die nicht ohne Auswirkungen - auch für uns - sein werden.
Zwei Tage sind kurz für so ein breit angelegtes Treffen. Deshalb bitten wir alle TeilnehmerInnen, nach Ländern gemeinsam einen schriftlichen Beitrag zu den Themen vorzubereiten. Wir werden diese Berichte vorab an alle verschicken, damit an dem Seminar genügend Zeit für den Austausch von Erfahrungen bleibt. Ausserdem bitten wir Sie, schon am 18. Mai anzureisen. Am Nachmittag des zweiten Tages möchten wir die Öffentlichkeit miteinbeziehen. Dafür schlagen wir einen Saatgutmarkt, eine Brotverkostung, Ausstellungen und einige Referate zu zentralen Themen. Am 21. Mai findet eine Protestdemonstration vor der Genbank in Gatersleben statt. Zahlreiche Organisationen werden dazu aufrufen und Sie können gerne genauere Informationen bei uns erfragen.
Wir möchten das endgültige Programm für das Seminar Ende März festlegen. Bitte teilen Sie uns rechtzeitig mit, ob Sie Interesse an einer Teilnahme haben, damit wir Unterkünfte und Verpflegung planen können. Ebenfalls nehmen wir gerne Themen und konkrete Anliegen für die inhaltliche Diskussion an. Wir können zur Zeit noch nicht absehen, mit welcher finanziellen Unterstützung wir rechnen können. Schreiben Sie uns bitte, ob Ihre Teilnahme von einer finanziellen Unterstützung für die Reisekosten abhängt oder nicht.
Rückmeldungen bitte an:
Europäisches Bürgerforum, Jürgen Holzapfel
Hof Ulenkrug, Stubbendorf. 68
D-17159 Dargun
Tel.:0049 (0)39959-23881
e-mail ulenkrug@t-online.de